Gemeindezugehörigkeit hat mit Identitäten zu tun. Heute sind wir alle zur Stadt Schneverdingen gehörend. Größere Gemeinden ermöglichen es erst, uns heute normal erscheinenden, gesetzlichen Verpflichtungen anzubieten. Das war früher anders, denn es gab wenig Pflichten der Gemeinden, weswegen wenig Verwaltungspersonal gebraucht wurde und Gemeinden kleiner sein konnten als heute: Das Schulwesen war in Schulgemeinden ausgegliedert, statt Sozialhilfe gab es Familien und notfalls das Armenhaus der Kommune. Ansonsten hatte der Bürgermeister ab und zu etwas mit dem Landrat zu tun oder sich um Papierkram und Berichte zu kümmern [womöglich verkürzte Darstellung, denn sicherlich wollte auch der Fiskus etwas von Amtsträgern. gez. der Archivar].
Neue Bauernstellen wie im Voßbarg oder Flattweg und am Ende der Welt hatten nicht automatisch eine Gemeindezugehörigkeit. So ging es um 1861 darum, in welche Gemeinde die neuen Höfe Reinsehlens bzw. Hansahlens zugeordnet werden.
Eine Loslösung aus einer Gemeinde ist verständlich, wenn sich die Einwohnenden von Wohnplätze (so heißen kleinere Einheiten als Ortsteil im Amtsdeutsch) schlecht durch die Gemeinde vertreten fühlen. Aktenkundig ist das um 1884 auch bei Reinsehlen geschehen, wurde aber (in Berlin!) abgelehnt.
Der Zeitablauf aus den Akten:
- 10. Dezember 1861 bis 6. April 1863: Reinsehlen könnte zur Gemeinde Wintermoor(-Geversdorf) gelegt werden. Reinsehlen und Höpen wurden aber zu Insel gelegt.
- 7. Juli 1884: Barrl, Höpen und Reinsehlen wollten sich von Insel abtrennen und eine eigene Gemeinde bilden. Dies wurde kurz und knapp abgelehnt, sowohl vom Ober-Präsidenten der Provinz Hannover als auch vom Reichsinnenminster.
Akte von 1861 bis 1863 – hier das PDF.
Acte. betreffend Die Abtrennung der sich auf dem Wintermoor (Hansahlen und Höpener Abfindung) angebauten Anbauer von der Gemeinde Schneverdingen und Hinzulegung derselben an der Gemeinde Wintermoor Geversdorf, oder Insel. 1861
Königliches Amt Soltau. Bericht des Bauervoigts Griffel zu Schneverdingen den 17. November 1861.
Den am 19. dieses Monats im Hause des Pflugköthners Schröder zu Hansahlen abzuhaltenden Termin wegen der Anbauer auf dem so genannten Hansahler Wintermoor betreffend
Nach dem Erlasse des Königlichen Amts Soltau vom 2. dieses Monats ist wegen der Regulirung des Besten Verhältnisses der neuen Anbauer auf dem sogenannten Hansahler Wintermoore Termin auf den 19. November dieses Jahres im Hause des Pflugköthners Christoph Schröder zu Hansahlen angesetzt. Auf Ansuchen des p. Schröder erlaube ich mir indes Königliches Amt gehorsamst zu ersuchen, wegen nahe bevorstehender Niederkunft der Ehefrau des Schrõder, diesen Termin statt in Hansahlen auf hiesiger Königlicher Amtsstube abhalten zu wollen, als wohin auch die Leute in Erwartung der Genehmhaltung des Königlichen Amts beschieden sind. Gegen die Verfügung des Köngl. Amts vom 2.Novbr 1860 welche am 13 … ins. ist, ist am 21.Novbr eingelegt. Griffel.
Bin zurück mit dem Auftrage die Gemeinde Schneverdingen namentlich die Ortschaft Hansahlen u. sämmtliche Anbauer aus dem Wintermoore Tages den 3. Decbr Morg. 11 Uhr vor Kgl. Amtsstube zu Schneverdingen zu laden.
Wir erwiedern der Gemeinde Schneverdingen auf deren Bitte vom 9 d. M. die Aufnahme mehrerer Anbauer auf dem Wintermoor, daß die Mittheilung ganzer Amts Acten an Gemeinden eben sowohl unthunlich ist, als die Mittheilung von Abschriften solcher ganzen Acten. Zur Zeit könen indessen auch die Abschriften einzelner Verhandlungen in der fraglichen Angelegenheit nicht mitgetheilt werden, da die Acten der Königlichen Landdrostei zur Entscheidung einer von den Anbauern selbst vorgebrachten Beschwerde vorliegen.
Soltau, den 10. December 1861 Königlich Hannoversches Amt. Stuckenschmidt.
An die Gemeinde Schneverdingen In Sachen betr.: Die Errichtung verschiedener Anbaue auf dem Wintermoore, Hansahlen Abfindung, dient der Gemeinde Schneverdingen auf deren Widerspruch, die angehenden bereits mit Wohnhäusern versehenen Anbauer Kõnemann, Dohrmann, Meier, Heuer, Küsel, jetzt Schrõder, Westermann, Marquard, nicht in der Gemeinde aufnehmen zu wollen, weil die fraglichen Anbauer der Gemeinde Wintermoor Geversdorf näher als Schneverdingen gelegen seien, zum Bescheide, daß unter den obwaltenden Umständen die Gemeinde Wintermoor sich weigert die fraglichen Anbauer in ihrer Gemeinde aufzunehmen und im Uebrigen kein genügender Grund vorliegt, daß zur Gemeinde Schneverdingen gehörige s. g. Hansahler Wintermoor der Gemeinde Bezirke Wintermoor Geverstorf gegen den Willen der Gemeinde zuzulegen, und solche höheren Orts zu beantragen.
Wie demnach die Gemeinde Schneverdingen mit ihrem Widerspruche lediglich zurückgewiesen wird, als stets Termin zur endlichen Regulie rung des Besten Verhältnisses der neuen Anbauer, so wie zur weiteren Beschlußnahme namentlich auch wegen des zu bestellenden Bevollmächtigten von Seiten der Anbauer Termin auf Dienstag, den 19. November dieses Jahres Morgens 11 Uhr im Hause des Pflugköthners Schrõder in Hansahlen an, zu welchem der Bauervoigt zu Schneverdingen die betreffenden ange henden Anbauer als auch die Gemeinde Schneverdingen (Ausschuß), namentlich alle Eingesessenen zu Hansahlen bei angemessener Strafe vorzuladen hat.
Soltau, den 2. November 1861 Königliches Amt Stuckenschmidt. Insinuirt am 13. Novb. 1861 Griffel
An den Bauervoigt Griffel
Zur Verhandlung wegen Aufnahme der neuen Anbauer auf dem sogenannten Hansahler Wintermoor in der Gemeinde Schneverdingen ist vom königlichen Amte Soltau Termin auf Dienstag, den 11. dieses Monats Morgens 11 Uhr auf Königlicher Amtsstube all hier angesetzt und hat der Gemeindediener Renken dazu die sämmtlichen Interessenten der Bauerschaft, als zu Schneverdingen, Gallhorn, Meyerhoff, Hansahlen und Höpen so wie auch die neuen Anbauer aus dem Hansahler Wintermoor zu laden.
Schneverdingen, den 5 März 1862. Griffel Bauervoigt.
In der Angelegenheit, betreffend die Gemeinde-Angehörigkeit der Anbauer auf dem s. g. Wintermoore hat die Königliche Landdrostei unterm 3/8 Mai d.J. entschieden, daß die betreffenden Anbauer zu der Gemeinde Wintermoor zu legen indem besondere und triftige Gründe, welche für den Anschluß der Anbauerstellen -an die Gemeinde Wintermoor Geverstorf sprechen, in der That vorhanden seien.- Hoch dieselbe giebt hernach wörtlich weiter zu erkennen: Diese Anbauerstellen eine eigene Gemeinde bilden zu lassen, stellt sich in mehrfachere Betracht als unangemessen dar. — Er scheint mithin deren Anschluß an eine solche bestehende Gemeinde als eine Nothwendigkeit: So muß da für gehalten werden, daß alle in Betracht zu ziehende Rücksichten am Entschiedensten für den Anschluß an die Gemeinde Wintermoor Geverstorf sprechen.
Ein Anschluß an die Gemeinde Schneverdingen erscheint völlig un räthlich, da aus der ungefähr eine Meile betragenden Entfernung der Anbauerstellen von der Gemeinde Schneverdingen in Bezug auf die Gemeinde-Verwaltung und die Handhabung der Polizei-Unzuträglichkeiten sich ergeben, welche, wenn irgend thunlich, vermieden werden müssen. Es kommt hinzu, daß die Anbauerstellen mit der Gemeinde Schneverdingen nicht einmal örtlich verbunden, sondern von derselben durch das Gebiet dazwischen liegender Gemeinden getrennt sind, und daß endlich etwaige besondere Beziehungen, welche einer Verbindung beider Theile zum Anhalte dienen konnten, nicht bestehen.
Nicht minder würde die Verbindung der Anbauerstellen mit der Ortschaft Hansahlen und dem Hofe zu Hõpen zu einer besonderen Gemeinde als durchaus unerwünscht erachtet werden, da einer derartigen Maßnahme im Wesentlichen die nämlichen Gründe entgegenstehen, welche unmittelbar vorher angeführt sind; –wenn schon wünschen insofern etwas abgeschwächt, als die Entfernung der Anbauerstellen von Hansahlen etwa um 10 Minuten geringer als die von Schneverdingen ist. — Ausserdem würden Bedenken, wie sie in dem Berichte de p: 20 April von Königlichem Amte angeordnet sind, der Bildung einer solchen neuen Gemeinde entgegentreten. —
Dafür, daß die Stellen der Gemeinde Wintermoor-Geverstorf beigelegt werden, sprechen entschieden die unmittelbare Nähe und die örtlichen Verhältnisse überhaupt, sowie auch der Umstand, daß die Anbauerstellen mit der zuletzt genannten Gemeinde bereits zu einem gemeinsamen Schulverbande vereinigt sind.
Auf den von der Gemeinde Wintermoor-Geversdorf hiergegen erhobenen Widerspruch kann es unter diesen Umständen nicht weiter ankommen, zumal dieser Widerspruch im Wesentlichen nur auf den Grund gesätzt ist, daß die fraglichen Anbauerstellen sich möglicher Weise nicht würden aus eigenen Kräften erhalten können, und somit die Besorgniß vorhanden sei, daß deren Besitzer damit den Armenmitteln derjenigen Gemeinde, an welche der Anschluß erfolge, zur Last fallen würden, ein Grund, welcher nach dem Termine vom 21. Octbr: 1859 erfolgten Aufklärungen für durchgreifend nicht erachtet werden kann.
Im Auftrage der Königlichen Landdrostei eröffnen wir Vorstehendes den Gemeinden Schneverdingen und Wintermoor, und bestimmen zur etwaigen Einbringung des Reourses an das Königliche Ministerium des Innern eine Frist von 10 Tagen und zur Rechtfertigung des Reourses von 30 Tagen vor Insinuntion dieses angerechnet, bei Strafe des Ausschlusses.
Soltau, den 10. Mai 1862. Königlich Hannoversches Amt. Stuckenschmidt. Insinuirt am 18 May 1862 Griffel Unter
An Die Gemeinde Schneverdingen. An Königliches Amt Soltau.
Dem Auftrage des Königlichen Amts von 13. d. M. gemäß habe ich die Karte von dem Wintermoor des Bauervoigts Gr: zu Schneverding. in einem verkleinerten Maaßstabe angefertigt, auch die auf der Hansahler, Höpener und Reinsehler Abfindung sich angebauter Anbauer nach Möglichkeit genau darin verzeichnet, und beehre mich dem Königlichen Amte solche in der Original Karte eingerollt finden gehorsamst zu übersenden.
Gr. dn 4. Decbr: 1862

betr: Uebersendung der Karte Von dem Wintermoor Amts Soltau dn 4/12 62.
Wir eröffnen damit den Gemeinden Insel Wintermoor und Schneverdingen, daß Königliche Landdrostei zu Lüneburg unterm 24: Mäz d. J. in Sachen betreffend die Gemeindeangehörigkeit der Anbauer auf dem Wintermoore, genehmigt resp: verfügt hat, daß die hier fraglichen bisher verbandlosen Anbauer aus dem Wintermoore, sowie der bisher der Gemeinde Schneverdingen angeschlossenen Hof zu Höpen nebst Zubehör fortan der Gemeinde Insel nebst dem, dem Gemeindeverbande zu Insel bereits an gehörigen Ortschaften Reinsehlen und Barrl beigelegt werden sollen. Der Bauervoigt Griffel hat hiervon auch namentlich den Vollhöfner Inselmann zu Höpen in Kenntnis zu setzen.
Ein etwaiger Reours gegen diese Verfügung ist binnen 10 Tagen von Insinuntion Dieses bezi dem unterschriebenen Amte einzulegen. — Nach Ablauf dieser Frist soll wegen Regulierung des Stimmenverhältnisses und wegen Heranziehung zu den Gemeindelasten dieser zu dem Inseler Gemeinheitsverbande und Hinzutretenden das Weitere angeordnet werden. —
Soltau, den 6. April 1863. Königliches Amts — Stuckenschmidt Insinuirt am 17. Apr 1863 Griffel Amts
Akte vom 7. Juli 1884 – hier das PDF.
Landdrostei Lüneburg
Berlin, den 26. Juni 1884.
Auf die Vorstellung vom 23. v. Mts., betreffend die Abtrennung der Ortschaften Reinsehlen, Barrl und Höpen von der Gemeinde Insel behufs Constituirung zu einer besonderen politischen Gemeinde, eröffne ich ihnen, daß es bei der zurückfolgenden ablehnenden Entscheidung des Herrn Ober-Präsidenten der Provinz Hannover vom 16. Mai cr:, und den darin angeführten, zutreffenden Gründen, sein Bewenden behalten muß.
Der Minister des Innern. In Vertretung gez: Herrfurth.
An den Stellenbesitzer H. Riebesell zu Reinsehlen, Amts Soltau. Lüneburg, den 7. Juli 1884.
Abschrift vorstehender Ministerial Entscheidung erhalten Ew. Hochwohlgeboren zur Nachricht bei Wieder-Anschluß der eingesandten Amts-Akten.
Königliche Landdrostei. Möller
den Gemvst… Ötjen Insel am 12/7 84.
Der Kgl. Minister d. Innern hat durch Entscheidung vom 26 Janu. d.J. bezüglich der Abtretung der Ortschaften Reinsehlen, Barrl u. Höpen die Entscheidung des Herrn Oberpräsidenten für die Provinz Hannover vom 16 Mai … bestätigt, so dass eine Abtrennung der genannten Ortschaft von der Gemeinde Insel nicht stattfindet.
L. den 11. Juli 1884. den Königlichen Amtshauptmann Herrn Wellenkamp. Hochwohlgeboren in Soltau.
Quelle: Akten aus dem Nachlass von Richard Oetjen.
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