Dieser Beitrag wurde zwischen 03/2020 und 03/2024 mit
neuen Bildern, Quellen & Struktur ergänzt.
Please see Information in English
about hospital and prisoners of war in this PDF file.
Die Gebäude des Krankenhauses wurden 2022 abgerissen.
Zutritt ist verboten.
Das Grundstück gehört der Stadt GmbH (Schneverdingen),
vertreten durch die Bürgermeisterin.
Ich vermittle keinen Kontakt und keine Drehgenehmigungen.
Die Folge 17 des Podcasts „Snevern Story“ von Christian Wildtrau und Jan Lohmann behandelt „die Klinik im Wald“: https://snevern-storys.podigee.io/17-neue-episode
Mehr Infos zum Nordteil des Krankenhauses im Beitrag zum Jugenddorf vom Forstamt Sellhorn / Landesforsten.
Hamburger Ausweichkrankenhaus Wintermoor (HKW)
Die Bombenangriffe auf deutsche Großstädte wurden zum Kriegsende immer häufiger und es wurden immer mehr Krankenhausplätzen benötigt. Man baute daher im ruhigeren Umland der Städte Ausweichkrankenhäuser.
Ab 1941 wurde in Wintermoor a.d.Ch. (geschützte Lage, gute Straßen- und Bahnverbindungen nach Hamburg) an der Behringer Straße 100 das Gesundungshaus Wintermoor im Rahmen der Aktion Brandt durch die Organisation Todt gebaut. 100 sowjetische Kriegsgefangenen erhöhten das Gelände mit Sand aus der nahen Sandgrube bei Ehrhorn, zu der eine Lorenbahn führte. Es wurden zusätzlich Brandschutzstreifen im Wald angelegt und ein Feuerwachturm auf der Ehrhorner Düne errichtet. Die Baracke der Zwangsarbeiter befand sich während der Bauzeit gegenüber dem Haupteingang, auf dem späteren Parkplatz.
Wajemann (2019: 65f) weist darauf hin, dass ursprünglich ein Luftwaffenerholungsheim an dieser Stelle geplant war. Greve (2017: 138) schreibt von einem „für die Waffen-SS fast fertig gestellten Lazarett“, dass Rudolf Degkwitz Ende Juli 1943 als Ausweichkrankenhaus für die Kinderklinik Eppendorf akquirierte. Offenscheinlich war der Teil 1 der Anlage von Beginn an als Ausweichkrankenhaus (für Erwachsene) geplant gewesen, der Teil 2 der Anlage (späteres Jugenddorf) jedoch nicht unbedingt. Gewissheit liegt in den Landesarchiven (s.u.).
Das Gesundungshaus eröffnete am 8. Februar 1943 und diente als Hamburger Ausweichkrankenhaus mit zunächst 400 Betten. Vor der Eröffnung gab es eine Pressereise zur Eröffnung am 27.1.1943 mit dem Gesundheitsssenator Ofterdinger, wobei die daraus folgenden Berichte allesamt den Standort der Anlage verschwiegen (Engelmann 2020: 37). Im Juli 1943 wurde das Krankenhaus auf 825 Betten erweitert. Es standen Abteilungen für Innere Medizin, Infektions- und Lungenkrankheiten, Chirurgie sowie ein Röntgenlabor, mehrere Operationsräume und eine Apotheke zur Verfügung.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befand sich die Anlage 2, die als Ausweichmöglichkeit für die Kinderklinik des Universitätskrankenhauses Eppendorf genutzt wurde. Die Dissertation von Beate Greve aus dem Jahr 2017 beschreibt die Umstände, die seinerzeit herrschten. Ursprünglich war es wohl als Militärkrankenhaus geplant gewesen, jedoch hatte sich Prof. Dr. Rudolf Degkwitz dafür eingesetzt, die zerbombte Kinderklinik nach Wintermoor umzulagern. Zahlreiche Schwierigkeiten mussten dazu in der schwierigen Kriegszeit bewältigt werden, wie Greve schreibt (Link zur Dissertation, Auszug zu Wintermoor als PDF). Degkwitz war es auch, der die Euthanasiepläne der Nazis sowohl in Hamburg als auch in Wintermoor unterband (zumindest in der Kinderklinik). Die Kinderärztin Margarita van der Borg wirkte ebenfalls in Wintermoor, sie ist wahrscheinlich auf einer der Fotos unten abgebildet.
Im späteren Betrieb kamen polnische „Ostarbeiterinnen“ aus dem Lager Flugplatz Reinsehlen in der Küche und der Reinigung zum Einsatz. Ab 1943 wurden italienische Militärinternierte im Krankenhausbetrieb eingesetzt. Mehr dazu unter: Zwangsarbeit
Zum Ende des Zweiten Weltkrieges war jeder Straßenverkehr verboten, weshalb die Verstorbenen nicht auf dem Friedhof beerdigt werden konnten. Man behalf sich mit einem Notfriedhof neben der Krankenhausanlage. Alte Dokumente vom Ehrhorner Bürgermeister zeigen dessen Lage im Wald, zwischen dem Anlagenteil 1 und dem Trafohäuschen südlich der L211. Günter Rosenow vom Technischen Dienst der ENDO-Klinik berichtete Heiner Wajemann von den Exhumierungen (Wajemann 2019: 73). Spiersträucher wachsen heute noch an dieser Stelle und könnten Grabbepflanzungen gewesen sein. Ein zweiter Notfriedhof befand sich östlich der Anlage 2, dem Kinderkrankenhaus.
Eine Angestellte berichtet in einem Brief vom Klinikalltag: Brief aus dem Ausweichkrankenhaus Wintermoor 1947
Eine kurze Zeit lang, direkt nach dem Kriegsende 1945, wurde der Anlagenteil 1 des Krankenhauses ein britisches Militärlazarett.
Tuberkuloseklinik
1947/48 wurde die Einrichtung in eine Tuberkuloseklinik umgewandelt. Diese Nutzung erkennt man heute noch an den offenen Liegehallen.
Die Heimatchronik von Herrn Tödter über Kampen, Welle und Todtshorn erwähnt, dass nach dem Krieg Holzbaracken aus dem Munitionslager Kamperheide im Krankenhaus Wintermoor weiter verwendet wurden. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass diese in das Krankenhaus Reinsehlen gelangt sind, wo ein ungleich höherer Bedarf im Flüchtlingslager bestand.
Das Krankenhaus war jedoch nicht nur nach heutigen Maßstäben äußerst schlicht eingerichtet. Die 80 Meter langen Baracken hatten jeweils zwei Sanitärblöcke. Die Patienten lagen in Mehrbettzimmern mit Sprossenfenstern und Oberlichtern. Der OP-Saal hatte keine Klimaanlage und wurde mit Fliegennetzen vor eindringenden Insekten geschützt.
Die Kinder waren in der Regel ohne ihre Eltern im Krankenhaus. Zeitzeugen berichteten mir, dass ältere Kinder den Jüngeren mit Gruselgeschichten Angst einjagten: Riesenwölfe im Wald nebenan, die Kinder fressen. Das Pflegepersonal war offenbar auch nicht immer sehr herzlich. So mancher junger Patient hat seinen Aufenthalt als traumatisch erfahren, während andere von einer schönen Zeit berichteten. „Der Aufenthalt im Krankenhaus war ganz fürchterlich und traurig. Diese Trauma habe ich noch immer nicht verarbeitet.“ (Fr. Michelsen-Riecken schrieb mir 2019, sie war 1944 als 7-Jährige dort).
Die Kur gegen Tuberkulose (TBC) bestand im Wesentlichen aus Ruhe, guter Luft und reicher Ernährung. Medikamente gab es anfangs nicht. Bettruhe, Ruhen in den Liegehallen, Vermeiden von jeder Anstrengung, kein Laufen, kein Toben – das ist für Kinder schwierig. Doch wer nicht parierte, der wurde auch auch noch Mitte der Sechziger Jahre mit dem „Kindergurt“ an das Bett gefesselt. Langeweile war ein Problem. Schulunterricht gab es nur selten, in manchen Zeiten gar nicht (1947 gab es 3 Unterrichtstage alle 2 Wochen, 1965 gar keine Beschulung). Vier Zeitzeugenberichte findet man im Buch von Ingo Engelmann (2020: 83ff). Einen weiteren Hinweis bringt die Bergedorfer Zeitung am 6.4.2013.
Nach Angaben von Heiner Wajemann in seinem 2019 erschienen Buch sind in den Jahren 1943 bis 1948 im Krankenhaus 341 Kinder gestorben (S. 67).
Zahlreiche Fotos aus der Zeit zwischen 1944 und 1948 auf dieser Seite stammen aus dem Nachlaß der Kinderkrankenschwester Magdalena Lippens (geb. Schmalbruch).
Ärztehäuser
Es wurden seinerzeit für die Ärzte im nördwestlichen Geländeteil eigene Wohnhäuser errichtet, die zwischenzeitlich zur Landesforst gehörten. Heute werden sie privat genutzt.
Hamburgisches Krankenhaus
Die Klinik erhielt 1949 den Namen „Hamburgisches Krankenhaus Wintermoor“, in der Zeit waren noch 752 Betten vorhanden.
Oberarzt Meesenburg richtete gegen die Langeweile im Klinikalltag Tischtennishallen und eine Minigolfanlage im nordöstlichen Abschnitt (dem späteren Jugenddorf) ein. Seine Tochter erwähnt den Namen „Hamburgischen Lungenheilanstalt Wintermoor“ und war schulpflichtig in der Dorfschule von Niederhaverbeck. Die Wintermoorer Schule war offenbar schon zu weit entfernt.
Zum 1.4.1959 wurde das neue Schwesternheim für 30 Krankenschwestern und die Oberin in Wintermoor eingeweiht. Der Bau des Hamburgischen Hochbauamtes verfügte über „wohnliche Einzelzimmer“, wie das Hamburger Abendblatt am 28.3.1959 berichtete.
Die beiden Krankenhausteile waren grundsätzlich autonom betreibbar und hatten eigene Notstrom- und Trafostationen. Einige Holzgebäude wurden in der Zwischenzeit durch Ziegelsteinbauten ersetzt bzw. erweitert. Ab 1968 nannte sich das Krankenhaus Fachklinik für Erkrankungen der Atemwege.
Das Krankenhaus hatte sogar einen Kindergarten in der Zeit von 1964 bis 1975. Das belegen zumindest die Akten aus dem Landesarchiv Niedersachsen unter der Signatur NLA HA, Nds. 120 Lüneburg, Acc. 106/86 Nr. 417. Später war der Kindergarten in der Alten Schule der inoffizielle Kindergarten der Klinik, der in freier Trägerschaft betrieben wurde. Alte Ansichtskarten zeigen, dass es auch ein Hallenbad gab.
Tuberkulose war seinerzeit eine sehr schwerwiegende und oft tödliche Krankheit. Der medizinische Fortschritt und neue Medikamenten ließ TBC jedoch leichter behandelbar machen. Es gab deswegen einfach keine Notwendigkeit mehr für eine Lungenklinik.
ENDO-Klinik
1976 gab Hamburg die Klinik auf, das Land Niedersachsen übernahm das Grundstück (Staatsarchiv Hamburg, Signatur: 311-3 I__93, Nutzung des Grundstücks Grundbuch Ehrhorrn (Niedersachsen) Blatt 132 durch das hamburgische Krankenhaus Wintermoor sowie weitere Nutzung nach Schließung des Krankenhauses, 1975-1979).
In Folge nutzte die ENDO-Klinik aus Hamburg-Altona (eine Fachklinik für Knochen- und Gelenkchirurgie) den Teil 1 der Anlage (südlich der L211). Träger war der Verein Rehabilitationszentren in Norddeutschland e.V. 1979 wurde der Träger-Verein umbenannt in „Gemeinnnütziger Verein ENDO-Klinik e.V.“.
Die Modernisierung fand gleich nach der Unterzeichnung des Pachtvertrages statt. Es wurde eine physikalische Therapiestation mit Bewegungsbad sowie ein weiterer OP-Bereich errichtet. Die Stationen wurden renoviert, Sanitäranlagen eingebaut und von außen wärmegedämmt. Die Vierbettzimmer wurden erst 1989 aufgelöst.
Der erste Patient wurde am 2.2.1976 aufgenommen. Dennoch gab es Schwierigkeiten bei der Aufnahme in den Hamburgischen Krankenhausbedarfsplan, die erst 1990 gelöst wurden. In den Jahren 1982-83 wurde ein neues OP-Gebäude errichtet.
Die ENDO-Klinik sollte 1993/94 nach Süden erweitert werden und in Schneverdingen eine Reha-Abteilung entstehen. Diese Pläne 1996 wurden fallen gelassen. Ein kleines Waldstück ist dafür zwischenzeitlich schon gerodet worden.
Patientenrehabilitation und septische Operationen waren der Arbeitsschwerpunkt der von Prof. Hans Wilhelm Buchholz gegründeten Privatklinik. Die Qualität der Behandlung war hoch und Patienten aus der ganzen Welt wurden behandelt. Besonders gut betuchte Patienten kamen in der Station K7 unter, die sehr luxuriös ausgestattet war.
Die ENDO-Klinik gab den Standort Wintermoor mit 307 Betten und 290 Beschäftigten zum Jahresende 1997 auf. Der Sozialplan für die 290 Mitarbeiter belief sich auf etwa 12 Millionen Mark. Der ENDO-Standort in der Holstenstraße geriet aber ebenfalls in Schieflage. Im Herbst 1997 wurde daher eine Kooperation mit der Damp-Gruppe abgeschlossen und der Name ENDO-Klinik verschwand Anfang 2000.
Damit endete auch der Betrieb der Kantine, die jahrzehntelang durch Egon Manke betrieben wurde. Paul Naschke, ein Gastwirt aus Hamburg, war vorher der Kantinenbetreiber: das belegt ein Taschenkalender aus dem Jahr 1954. Später folgte Friedrich Finnern als Pächter, er verkaufte Ansichtskarten mit Luftbildern in seiner Kantine. Die Kantine war mit dem angeschlossenen Kasino ein Herzstück der Endo-Klinik und es gab hier sogar eine eigene Post (mit eigenem Poststempel). Die zahlreichen Ansichtskarten der ENDO-Klinik wurden oft von den Kantinenpächtern herausgeben. Egon hatte schon in den Jahren vor seiner Kantinenpacht mit seinem Marktwagen die Patienten mit Dingen des täglichen Bedarfs versorgt (Auskunft Geeske Meesenburg).
Die Kantine von Egon, strikt getrennt in Raucher- und Nichtraucherbereich, ist nicht zu verwechseln mit der Betriebskantine des Krankenhauses, die in der selben Baracke untergebracht war.
Auszug aus dem Buch „40 Jahre Schneverdingen 1946-1986. Fakten, Daten, Bilder. Eine Dokumentation“ von Walter Peters, herausgegeben 1987 von der Stadt Schneverdingen und mit freundlicher Erlaubnis der Stadt Schneverdingen vom 30.11.2016 für die Veröffentlichung hier freigeben:
Details zu diesem Abschnitt stammen aus dem Buch 25 Jahre Endo-Klinik, herausgegeben vom Trägerverein der ENDO-Klinik. Das Buchcover zeigt die ENDO-Klinik in der Holstenstraße, Hamburg-Altona.
Müllverbrennungsanlage, Kläranlage und Wasserwerk
Es gab eigene Müllverbrennungs- und Kläranlagen, die wahrscheinlich einzigartig aufgrund der Lage im Naturschutzgebiet war. Sie lagen gemeinsam nördlichwestlich der Klinik, etwas in den Wald versetzt. Die Abwasserbehandlung umfasste auch Rückhaltebecken, die nordwestlich der Anlage lagen und in die Este entwässerten.
Weiterbetrieb als Krankenhaus
Einige Ärzte wollten den Krankenhausbetrieb nach dem Aus der ENDO-Klinik weiterführen.
Die Klinikum Wintermoor Betriebsgesellschaft mbH wurde jedoch nicht in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen, weswegen die Krankenkassen die Behandlungskosten nicht erstatten wollten/konnten. Die Klinik konnte daher den Betrieb nicht fortführen.
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen L 4 KR 143/01 erläßt am 16.7.2003 ein Urteil, worin die fehlende Bedarfsplanung als korrekt erkannt wird. Die Behandlung des Patienten muss daher nicht von seiner Kasse getragen werden.
Details aus dem Urteilstext:
Die in Wintermoor tätigen Ärzte und Mitarbeiter der Endo-Klinik wollten den Standort Wintermoor nach dem 31. Dezember 1997 als selbstständiges Krankenhaus auf eigene Rechnung fortführen. Im August 1997 wurde deshalb eine Gesellschaft gegründet, die am 4. September 1997 in das Handelsregister eingetragen wurde. Diese Gesellschaft, die jetzige Gemeinschuldnerin, erwarb mit Verträgen vom 13. Oktober 1997 und mit Zustimmung des Landes Niedersachsen das Betriebsgelände und das Anlagevermögen Wintermoor. Ausweislich des notariellen Vertrages war Verkäuferin die Verwaltungsgesellschaft Endo-Klinik als Alleineigentümerin des auf dem Erbbaugrundstück Wintermoor gelegenen Objekts (vgl Vertrag des Notars G. vom 13. Oktober 1997; Urkundenrolle 683/1997 G mit Anlage; vgl Bl 48 der Beiakten Band I – Verfahren L 4 KR 147/01 -). Das Land Niedersachsen machte den Übergang des Erbbaurechts davon abhängig, dass der für die spätere Gemeinschuldnerin gestellte Antrag auf Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes Niedersachsen bis zum 31. Dezember 1997 positiv beschieden werde.
Die Endo-Klinik stellte den Betrieb in Wintermoor vor Weihnachten 1997 ein. Die von ihr betreuten Patienten wurden nach Hause entlassen. Die Beschäftigungsverhältnisse mit den Ärzten und übrigen Mitarbeitern endeten am 31. Dezember 1997.
Die Aufnahme des Klinikums Wintermoor in den Niedersächsischen Krankenhausplan war Gegenstand verschiedener Gespräche, an denen ua Vertreter der Initiatoren, des Niedersächsischen Sozialministeriums sowie die Mitglieder des Planungsausschusses nach § 9 Nds Gesetz zum Bundesgesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze – Nds KHG – idF vom 12. November 1986 (Nds GVBl S 343), geändert durch § 29 des Gesetzes vom 19. Dezember 1995 (Nds GVBl S 463), teilnahmen (vgl Ergebnis der Niederschrift der Planungsausschusssitzung vom 10. Dezember 1997; Bl 34 der Beiakte Band II, Informationsschreiben des Niedersächsischen Sozialministeriums vom 19. Januar 1998; Bl 103 der Beiakte Band II – Verfahren L 4 KR 147/01 -).
Den Antrag des Klinikums Wintermoor vom 22. Juli 1997 auf Aufnahme in den Niedersächsischen Krankenhausplan lehnte das Niedersächsische Sozialministerium mit Bescheid vom 27. Februar 1998 ab (vgl Bl 158 bis 160 der Beiakte Band II – Verfahren L 4 KR 147/01 -).
Jugendwaldheim
Der nordöstlich gelegene Teil 2 wurde 1976 zum Jugendwaldheim der niedersächsischen Landesforstverwaltung und für einige Zeit Jugendfreizeitheim und -lager des Landkreises Soltau-Fallingbostel. Seit 2010 befindet sich hier das Haus Ehrhorn vom Waldpädagogikzentrum Lüneburger Heide. Weitere Details, auch zu den Dienstwohnungen, kann man hier lesen: Jugendwaldheim
Pflegezentrum
Das privat geführte Pflegezentrum Wintermoor übernahm 1999 die bis dahin von der ENDO-Klinik genutzte Liegenschaft und errichtete ein Altenpflegeheim mit anfangs 40 Pflegeplätzen. Grundbesitzer war die Alterna GmbH mit Geschäftsführer Lutz Vinnenberg und Hans-Jörg Rühlicke. Die Wäscherei (15 Arbeitsplätze, errichtet 1986) und die Gebäude der Klinik wurden von Alterna an das Pflegezentrum mit dem Geschäftsführer Hans-Jörg Rühlicke verpachteten. Langfristig waren bis zu 120 Pflegeplätze auf dem Gelände geplant, dass nicht den strengen Regeln des umgebenen Naturschutzgebietes unterliegt.
Die Gebäude wurden teilweise renoviert und mit einem neuen Anstrich versehen. Jeder Gast hatte ein Einzelzimmer. Baulich wurde (zu einem dem Archivar unbekannten Zeitpunkt) zwischen den Stationen eine Art Pavillion mit viel lichtdurchläßigem Glas errichtet. Man erkennt leicht, dass dieses Gebäude später zwischen den Baracken eingefügt wurde. Im südlichen Bereich wurde eine große Cafeteria erbaut, die zentimeterweise an die alte Baracke von Station K6 (?) stieß.
Die Betriebsgesellschaft des Pflegezentrums Wintermoor geriet jedoch in wirtschaftliche Schwierigkeiten und wurde 2005 unter Insolvenzverwaltung gestellt. Die Gebäude sind seither ungenutzt und sind vom Verfall bedroht.
Stadt GmbH
Ein Zwangsversteigerungstermin vor dem zuständigen Amtsgericht Soltau im Januar 2010 blieb ohne Ergebnis, da sich kein Käufer fand. Am 10.3.2010 (oder 2011?) wurde das Grundstück und Erbbaurecht für 150.000 EUR von der Wohnungsbau-, Ansiedlungs- und Fremdenverkehrsgesellschaft mbH Schneverdingen (Stadt GmbH) ersteigert. Das Erbbaurecht läuft auf 99 Jahre und endet folglich 2041.
Ideen zur weiteren Nutzung
Immer wieder gibt es Pläne, die Liegenschaften zu nutzen. Tatsächlich passiert wenig und Vandalismus macht sich an diesem „Lost Place“ breit.
Die Böhme-Zeitung berichtete am 27. Juni 2016 (Link 807872) über ein mögliches Gemeinschaftsprojekt, das von Schneverdingern in Form einer Freien Schule und genossenschaftlichen Wohnens projektiert wurde. Das Projekt ist jedoch gescheit. Siehe auch hier im ARCHIV.
Am 17.02.2017 brannte ein Gebäude ab und wurde von 109 Einsatzkräften der Feuerwehren aus Ehrhorn-Wintermoor, Schneverdingen, Heber, Zahrensen, Bispingen und Behringen gelöscht. Die Löschwasserversorgung in den dicht bewachsenen Gelände erwies sich als schwierig. Mehr dazu findet sich auf den Seiten: www.feuerwehr-heidekreis.de/aktuelles/einsaetze-uebungen/2131-gebaeude-der-ehemaligen-endo-klinik-brennt-ab
<iframe width=“560″ height=“315″ src=“https://www.youtube.com/embed/VPxDTMUJdEs“ frameborder=“0″ allow=“accelerometer; autoplay; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture“ allowfullscreen></iframe>
Reiter-Paradieses für gehobene Ansprüche
7,6 Hektar groß ist das Gelände der ehemaligen ENDO-Klinik. Jetzt ist es im Gespräch für ein „Snevern Natur-Hotel“ mit „Horse-Village-Resort“. Angedacht ist ein hochwertiges Naturhotel mit Spa-Bereich und 75 Betten. Zusätzlich sollen 50 Ferienwohnungen, die über eigene Ställe und Terrassen verfügen, auf der Anlage entstehen. Der Urlaub mit dem eigenen Pferd könnte also in unserem Dorf stattfinden und die Gäste das 1000 km lange Reitwegenetz in der Lüneburger Heide nutzen. Laut Einschätzungen von Tourismusmanagern soll die Anlage nicht zu Lasten von bestehenden Pensionen und Hotels gehen.
Sollte noch 2019 der Verkauf von der Stadt klappen, dann würden die weiteren Planungen bis Ende 2020 laufen. Ende 2023, hofft Thorsten Rupp, Geschäftsführer der Hamburger Firma Top Immobilien, könnte die Eröffnung sein. Das Projekt soll 30 Millionen Euro schwer sein.
Das Gelände gehört aktuell der Stadt, die zahlreiche Anfragen für Filmaufnahmen erhält. Diese werden allerdings grundsätzlich abgelehnt.
Diese Nachricht wurde am 21.6.2019 in der Böhme-Zeitung unter der Softlink-ID 977309 veröffentlicht. www.boehme-zeitung.de/lokales/news/artikel/lost-place-wird-top-urlaubsadresse.html
Im Oktober 2020 beschäftigt sich die Fotoausstellung von Ingo Engelmann mit dem verfallenen Krankenhaus. Mehr dazu im Beitrag Scherbengalerie Wintermoor.
Originaltext aus der Ortschronik:
Vom „Hamburger Gesundungshaus Wintermoor“ zur ENDO-Klinik
In den Jahren 1942-43 wird auf Kosten des Reiches von der Organisation Todt die Krankenhausanlage in Wintermoor gebaut. Sämtliche Fertigteile für den Bau werden mit der Bahn aus Leipzig angeliefert. Die Bauern des Dorfes sind angewiesen dafür zu sorgen, daß das Material vom Bahnhof zum Krankenhausgelände befördert wird. Die Holzarbeiten führt die Sägerei Cassens aus Schneverdingen aus. Unter dem Namen „Hamburger Gesundungshaus Wintermoor“ geht das Krankenhaus in die Nutznießung der Stadt Hamburg über. Infolge der drohenden Luftangriffe auf die Stadt während des Krieges, hat es als Ausweichkrankenhaus eine besondere Bedeutung.
Am 8. Februar 1943 werden die ersten Patienten aufgenommen. Hierbei handelt es sich überwiegend um Herz-, Stoffwechsel-, Lungen-, Rheuma- und Zuckerkranke sowie Kinder, die nach einer Scharlacherkrankung noch weiter betreut werden müssen. Für damalige Zeiten ist das Krankenhaus auf das modernste eingerichtet. Dieses reicht von einer Infektions-, Lungen-, chirurgisch-gynäkologischen Abteilung, über Röntgenlabor, OP, Entbindungsräume, physikalischer Therapie bis hin zu einer eigenen Apotheke.
Im Jahre 1944 ist die Anlage mit etwa 800 Patienten voll belegt. Der ursprüngliche Name des Hauses wird in „Krankenhaussonderanlagen, Aktion Brandt, Anlage Wintermoor“ geändert.
Als in den Nachkriegsjahren infolge schlimmer Entbehrungen die TBC bedrohliche Ausmaße annimmt, wird die Klinik im Februar 1947 in ein Tuberkulosekrankenhaus umgewandelt. Ab 1949 trägt es dann den Namen „Hamburgisches Krankenhaus Wintermoor“. Als die Zahl der Tuberkulosekranken zurückgeht, entsteht eine Fachklinik, zuständig für Lungenerkrankungen aller Art.
Am 10. Februar 1975 wird in verschiedenen Zeitungen berichtet, daß das Krankenhaus von der Schließung bedroht ist. Der Grund hierfür ist, daß die Kliniken in Hamburg im Schnitt nur zu 80% ausgelastet sind und mit Patienten aus Wintermoor aufgefüllt werden sollen. Dadurch sind Arbeitsplätze von weit über 300 Bediensteten gefährdet.
Am 11. Mai 1976 wird dann aus der Anlage 2 das „Jugenddorf Ehrhorn“. Hier richten der Landkreis Soltau ein Schullandheim, der Verein Naturschutzpark eine Begegnungsstätte für internationale Gruppen und das Land Niedersachsen ein Jugendwaldheim ein.
Am 1. Januar 1976 wird in der Anlage 1 die ENDO-Klinik eingeweiht. Hierbei handelt es sich um eine Spezialklinik für Knochen- und Gelenkchirurgie, deren Hauptsitz sich in der Holstenstraße in Hamburg befindet. Dort werden nur aseptische Eingriffe durchgeführt. Anschließend werden die Patienten zur Weiterbehandlung nach Wintermoor verlegt. Alle Krankenhausgebäude werden hier von Grund auf modernisiert. In den Jahren 1982-83 entsteht ein neues OP-Gebäude, bestehend aus zwei Operationssälen, mit angeschlossener Intensivstation sowie einer Zentralsterilisation. Der Operationsbetrieb in Wintermoor ist auf die septische Chirurgie spezialisiert.
1984 wird die Wäscherei grundlegend saniert. Doch am 3. März 1986 brennt dieses Gebäude völlig nieder. Hierbei entsteht ein Schaden von etwa 2 Millionen Mark. Sofort geht der Bau eines neuen Waschhauses in Planung, welches dann auf dem ehemaligen Parkgelände entsteht, und mit modernsten Maschinen ausgestattet wird. Heute zählt die ENDO-Klinik mit ihren nahezu 400 Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern im Stadtgebiet von Schneverdingen.
Dieser Beitrag erschienen 1994 auf Seite 29 der Chronik „200 Jahre Colonie Wintermoor„.
Abriss
Im Oktober 2021 begannen die Abrissarbeiten an den Gebäuden. Alle vorherigen Ideen zur Neu- bzw. Nachnutzung (Reiterhof, Schule, Tourismusidee von Wintermoorer Geschäftsleuten) wurden von der Stadt Schneverdingen verworfen.
Brandstiftungen 2022
Im Januar 2022 brannten innerhalb von 11 Tagen vier Gebäude ab. Der Heidekurier berichtete darüber: https://heide-kurier.de/wintermoor-ehrhorn-erneut-zwei-braende-auf-dem-gelaende-der-ehemaligen-endo-klinik_qBs Es ist ungeklärt, ob es einen Zusammenhang mit den Brandstiftungen in der Rotdornallee gibt. Auch im März 2022 gab es mehrere Brandstiftungen an Gebäuden und dem Waldboden, weshalb das Abrissunternehmen seine Arbeiten beschleunigt und das Gelände kameraüberwachen ließ. Es kam am 9.3.22 sogar ein Hubschrauber zum Einsatz, um den Brandstifter zu finden.
Presseinformation der Polizeiinspektion Heidekreis v. 11.03.2022 Nr. 2 – 10.03 / Brände an der Endo-Klinik – Tatverdächtiger festgenommen www.presseportal.de/blaulicht/pm/59460/5168465
Wintermoor: Nachdem am Donnerstagvormittag ein zum Abriss stehendes Gebäude im Bereich der Endo-Klinik in Brand gesetzt wurde (wir berichteten), brannte es am Nachmittag erneut auf dem Gelände. In diesem Zusammenhang nahm die Polizei einen Tatverdächtigen fest. Sie geht davon aus, dass der 28jährige Mann aus dem Landkreis Heidekreis auch für die Brände am Vormittag sowie am Mittwoch verantwortlich ist. Ob ein Zusammenhang zu den Bränden aus dem Januar 2022 besteht ist Gegenstand der Prüfung. Weitere Angaben machte die Polizei zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Quellen und Links
Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Wintermoor#Waldkrankenhaus_Wintermoor
Fotos „Die letzte, fast noch original erhaltene Baracke“ und „Ehemalige Liegehalle“ (in Wirklichkeit eine Tischtennishalle) mit freundlicher Erlaubnis von Michael Grube (6.1.2017). Mehr Infos hier: www.geschichtsspuren.de/artikel/zivile-bauten/29-waldkrankenhaus-wintermoor.html
Weitere Fotos hier: http://www.andreasjantzen.de/waldkrankenhaus-alte-klinik-wintermoor.html#prettyPhoto
Bilder vom Brief an Erich Schuhmann von 1955: N. Frie
Hinweise zur Poststelle im Krankenhaus unter https://einschreiben-aus-niedersachsen.de/2018/12/02/wintermoor-krankenhaus/
Die Geschichte einer Tuberkulose-Patientin aus der Nachkriegszeit findet sich hier unter Familie Cyhan.
2020 erschien ein Buch von Ingo Engelmann zur Geschichte der Klinik, der Patienten und des aktuellen Status als lost place: Scherbengalerie Wintermoor.
Zeitzeugenbericht von Elfi Schlieper : https://hausimpark.wordpress.com/2020/09/25/gastbeitrag-elfi-schlieper/
Siehe auch: Krankenhaus Reinsehlen
Das Landesarchiv Niedersachsen führt verschiedene Unterlagen unter den Signaturen
- NLA HA, Nds. 120 Lüneburg, Acc. 109/82 Nr. 101 (ENDO-Klinik in den Jahren 1976 – 1978)
- NLA HA, Nds. 120 Lüneburg, Acc. 109/82 Nr. 100 (Hamburgisches Krankenhaus (Tbc-Krankenhaus) in Wintermoor, Kreis Soltau 1945 – 1976)
- NLA HA, Nds. 120 Lüneburg, Acc. 11/81 Nr. 3 (Verleihung von Wasserrechten an der Krankenhaus in Wintermoor 1952)
Im Landesarchiv Niedersachsen liegen aus dem Nachlass von Wilhelm Hübotter Unterlagen von 1942 mit dem Titel „Organisation Todt Sanitäranlagen Nord-West, Wintermoor Blatt 1: Landschaftliche Gestaltung – Grundriss/Lageplan Maßstab: 1:500“ und der Signatur NLA HA, Dep. Hübotter, Mappe Nr. 1495/1246. Mehr zu Wilhelm Hübotter auf Wikipedia unter https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_H%C3%BCbotter Dr. Klaus-Peter Liere hat 1980 bis 1985 zum Thema Bereitstellung von Ausweichkrankenhäuser durch die Organisation Todt geforscht (Landesarchiv Niedersachsen, NLA OL, Rep 420, Best. 210 Nr. 6098).
Im Staatsarchiv Hamburg befindet sich ein Zeitungsbericht über das Tuberkulosekrankenhaus mit der Signatur 731-8_A 834.
Übersichtskarte © OpenStreetMap-Mitwirkende
Das Staatsarchiv Hamburg führt ebenfalls Unterlagen zum Krankenhaus:
- Signatur: 311-3 I_Abl. 1989 445-1000/84 Titel: Verwaltung der während des Krieges mit Reichsmitteln geschaffenen Krankenhaus-Sonderanlagen (Aktion Brandt) in Bevensen, Rickling und Wintermoor Laufzeit: 1945-1954
- Signatur: 361-2 VI_2222 Titel: Neuordnung der Schulverhältnisse und Errichtung von Schulneubauten in den hamburgischen Landgemeinden und in Wintermoor Laufzeit: 1933-1947, (1929)1933-1937,1947 Aktenzeichen: F XVII c 11 / 1
Hamburg Wasser (Wasserwerk) hatte auch 2021 noch im hydrogeolgischen Bericht einen Grundwasserschaden durch Chlorkresole (Phenole) feststellen können. Dieser bewegt sich entlang der Messstellen im Verlauf der Este über 10 Meter Höhenunterschied im Grundwasser (Grundwassergleichen). Die Beweissicherungsmessstellen WR2.1 und NB10.1 zeigen diese Marker, die Stelle NHBSTF4.1 liegt vor dem Krankenhaus bzw. der Kläranlage und ist unauffällig. Mittlerweile sind die Konzentrationen als gering zu bewerten. Quelle: https://www.hamburgwasser.de/presse/pressemitteilungen/hamburg-wasser-legt-jahresberichte-2019-2020-und-2021-vor
es blutet mir das Herz, wenn ich diese Bilder sehe. Ich wurde 3x in der Endo-Klinik operiert und habe mich in Wintermoor sehr wohl gefühlt. Sowohl die Ärzt als auch das Pflegepersonal waren einfühlend und angenehm freundlich. Sogar das Essen war vorzüglich. Ich behalte meinen Aufenthalt in Wintermoor in sehr guter Erinnerung. Der Aufenthalt glich ja geradezu einer Erholung wie in einem Sanatorium. Tschüss Endo/Wintermoor. Ich werde dich in sehr guter Erinnerung behalten. Trotzdem schmerzt es, wenn ich die Bilder sehe.