Obdachlose Häuslinge

„Unterbringung obdachloser Häuslinge und Fürsorge für Hilfsbedürftige in Wintermoor“ ist der Verzeichnisname im Landesarchiv Niedersachen aus den Jahren 1869 – 1885 (Signatur: NLA HA, Hann. 74 Soltau, Nr. 830).

Von Meiern, Kätnern und Brinksitzern

Bis zur Bauernbefreiung gab es drei Höfeklassen für Frondienste zu den Gutsherren. Der Hofbesitzer besaß sein Anwesen in einer Art Erbpacht und musste als Gegenleistung Abgaben liefern und Dienst verrichtet. Meier, Kätner und Brinksitzer hatten unterschiedliche Leistungen zu erbringen, zusätzlich gab es noch Abstufungen zu Halbkätner etc.

Häuslinge waren gehörten zur Klasse der Unterprivilegierten. Sie wohnen und arbeiten auf den Höfen. Haus oder Land besitzen sie nicht, müssen daher auch keine Dienste leisten. Ihre Rechte sind eingeschränkt, aber die Behörde vertritt sie, wenn nötig, gegen ein jährliches Häuslingsschutzgeld.

Die Höfeklassen beruhen noch auf den mittelalterlichen Ständestaat, ein Aufstieg von einer Gruppe zur anderen ist nur ausnahmsweise möglich. Ein Meier ist eben der Größte, die anderen sind die „Kleinen Leute“. Der Meier heiratet in seinem Stand und nimmt seine Ehefrau aus einen anderen Meierhof. Er konnte jedoch im Unglück (Hausbrand, Viehseuche) zur Gruppe der Kötner absteigen.

Diese starre Ordnung bot Stabilität auf Kosten der Besitzlosen und der zweiten oder dritten Söhne, weil die extensive Bewirtschaftung nicht zulässt, dass neue Höfe entstehen. Weideland waren begrenzt. Erst die Aufteilung der ehemaligen Allgemeingüter Heide und Weide (Verkoppelung) änderte das.

Verkoppelung

Verkoppeln meint die Zusammenlegung von Parzellen zu größeren Einheiten. Es ist eine frühe Form der Flurbereinigung. Es wurden nicht nur Äcker, sondern auch Öd- und Moorland oder Wälder mit einbezogen. Die einzelnen Grundstücke wurden nach Güte / Fruchtbarkeit bewertet. Die Eigentümer bekamen anschließend neu zugeschnitte Grundstücke, die ungefähr gleich groß waren und die gleiche Qualität hatten. Wichtig war jedoch, dass sie als zusammenhängende Äcker aufgebaut waren.

Und noch etwas war wichtig: Zuvor gemeinschaftlich genutzte Flächen wurden in diese Gemeinheitsteilung mit einbezogen, so dass der Besitz an Privatgrund rapide anstieg.

Gelegentlich gab es Unzufriedenheit, weil man sich bei der Zulosung von Grundstücken ungerecht behandelt fühlte. Trotzdem waren die neu zugeschnittenen, größeren Parzellen viel wirtschaftlicher zu bearbeiten und legten die Grundlage für das heutige Landschaftsbild.

Die Verlierer bei der Verkoppelung waren meist die Kätner. Es handelt sich hierbei oft um abgeteilte Bauernkinder, die das Erbe der Hofstelle (Hufe) nicht antreten konnten und im Dorf in einer Kate wohnten. Die Kätner hatten Nutzungsrechte an der Allmende, aber keine eigenen Ländereien. Die Verkoppelung schloss sie von der allgemeinen Weide aus, sie verarmten also umso drastischer.

Die Verkoppelung bot aber auch Chancen: Die Kosten der Urbarmachung waren hoch, weshalb Grundbesitzer manchmal gezwungen waren, ein Stück Land zu verkaufen. Nun können die Kätner und Häuslinge auch Land erwerben, zumeist am Rande des Dorfes oder gar mitten in der Feldmark. Man nennt diese neue Gruppe bei uns Anbauern.

Die Bauernbefreiung beseitigte die Frondienste  und die Meier, Kätner und Brinksitzer konnten Hof und Länderei gegen Zahlung einer Abstandssumme als Eigentum erhalten.

Armenhaus

Die schwierige Situation der Kätner und noch schlimmer die der Häuslinge zwang die Obrigkeit zu Maßnahmen gegen die Armut. Der Bau von Armenhäusern war eine Möglichkeit und wurde 1869 auch für Wintermoor erwogen. Geplant war der Bau an der heutigen Wintermoorer Straße in der Nähe der Schule, jedoch kam es nicht dazu.

Eine Notwohnung entstand dort, die 1879 abbrannte. Anschließend wurde an dem Standort das Lehrerhaus errichtet.

Die Gemeinde Ehrhorn errichtete ein Armenhaus am heutigen Ehrhorner Heuweg. Heute ist es (Hausnummer 12) nicht mehr erhalten, nach dem Zweiten Weltkrieg lebten dort jedoch noch Flüchtlinge.