Erdgeschichte Ehrhorns

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Ein Blick auf eine Karte oder Luftbild zeigt schnell: in Ehrhorn geht’s rund! Ein tief gelegenes, ziemlich rundes Grünland direkt westlich der Gebäude weckt die Aufmerksamkeit. Die 300×400 m große Senke liegt mit 75,9 m ü. NN knapp fünfzehn Meter tiefer als die direkt anschließenden Ehrhorner Dünen (90,3 m ü. NN). Hier entspringt die Este.

Doch wie ist dieses runde Ding und der Höhenunterschied entstanden? Lüttig erklärt es in seinem Fachartikel: Es handelt sich ein Schlatt, eine Windausblasungswanne. Und zwar das Größte und Besterhaltene im ganzen NSG!

Die Forstverwaltung unterhält ganz in der Nähe, in Richtung Einemer Sand, eine Sandgrube für den Wegebau. Hier lässt sich der Bodenaufbau ganz anschaulich beobachten. Diese Schichtenfolge (von oben nach unten) kann man erkennen:

  1. Jungholozäner Flugsand mit doppeltem Podsol (jüngste Schicht, ganz oben)
  2. Solifluktionslehm (Geschiebelehm), nahe der Oberfläche mit einer Steinsohle und im N-Stoß recht kiesreich (aus der Saale-Eiszeit stammend)
  3. Schmelzwasserablagerungen, schräg gestellte sandige Kiese mit Eisstauchungen (aus der Saale-Eiszeit stammend)
  4. Lichtockerfarbene Becken-Feinsande (aus der Saale-Eiszeit stammend)

Dieses Bodenprofil sollte im größeren Rahmen betrachtet werden, denn das Gebiet um Wilsede ist besonders: Hier befindet man sich nahe am ehemaligen Eisrand der vorletzten norddeutschen Vereisung (zweites Stadium der Saale-Eiszeit). Man nennt dieses Vordringen der Gletscher Warthe-Stadium, das davor liegende nennt man Drenthe-Stadium.

Diese Eiszeit mit Gletschern von den Harburger Bergen über Heimbuch zum Wilseder Berg und weiter nach Oberhaverbeck formte unsere Landschaft so, wie wir sie heute kennen. Der Wilseder Berg bestand als Endmoräne schon aus der Drenthe-Zeit und wurde dann im Warthe-Stadium erneut von Eis umschlossen. Dabei wurde der Sand und Stein dort im Bereich des Bergs gestaucht und der Berg neu geformt.

Unter diesen Sanden ist im Raum Ehrhorn – Heimbuch – Oberhaverbeck Lauenburger Ton nachgewiesen, beim Forstarbeiterhaus in Ehrhorn sogar nur 24 Meter unter der Geländeoberfläche. Der Lauenburger Ton trennt die Schichten aus den älteren Elster- und  den jüngeren Drenthe-Schichten.

Schematisches Profil durch den Untergrund des Gebietes von Barrl-Wilseder Berg, Abb 2 von Gerd Lüttig 1992
Schematisches Profil durch den Untergrund des Gebietes von Barrl-Wilseder Berg, Abb 2 von Gerd Lüttig 1992

Die letzte Eiszeit, die Weichsel-Kaltzeit vor etwa 10.000 Jahren, kam nicht mehr in unsere Heimat. Die Gletscher stießen damals nur bis zum Elbetal vor. Die Gegend weiter südlich war jedoch aufgrund des Klimas unbewachsen. Die Winde auf der vegetationsfreien Fläche bliesen viel Sand durch die Landschaft, was man nicht zuletzt an den Ablagerungen in der Ehrhorner Sandgrube sehen kann.

Die Dünen und Flugsande, die wir heute in Ehrhorn sehen, sind jedoch erst nach den Eiszeiten entstanden. Nicht zuletzt die Menschen haben seit der Steinzeit durch die Heidebauernwirtschaft die Landschaft kahl gemacht, so dass die Sanddünen kamen und die Höfe bedrohten. Also entstand unser Schlatt auch erst nach den Eiszeiten.


Rinne

Interessant ist für uns noch die tiefe Rinne unter Barrl und Wintermoor, die mehrere tiefere Schichten durchtrennt. Früher dachte man, dass diese Rinne ein Flusslauf war. Jedoch gibt es keine Flusskiese und ebenfalls kein Gefälle. Die Kiese und Sande in der Rinne wirken aber wie eine Drainage auf die umgebenden Schichten (sog. Braunkohlensande). Die Rinnen reichen bis in die Salzstöcke der unteren Schichten oder gar zum Geschiebelehm der davorliegenden Elster-Eiszeit. Das Eis hatte damals die Braunkohlesande geschoben und hinterläßt daher braune bis ockerfarbene Grundmoränen.

Verbreitung von Grundwasserstauern - Auszug aus Jörg Grossmann 2004 Seite 16 - Wintermoorer Rinne
Verbreitung von Grundwasserstauern – Auszug aus Jörg Grossmann 2004 Seite 16 – Wintermoorer Rinne
Hydrogeologischer Schnitt West-Ost nach SCHWERDTFEGER 1985 - Auszug aus Jörg Grossmann 2004 Seite 10 - Wintermoorer Rinne
Hydrogeologischer Schnitt West-Ost nach SCHWERDTFEGER 1985 – Auszug aus Jörg Grossmann 2004 Seite 10 – Wintermoorer Rinne

Unter den lockeren Sanden und Kies der Eiszeiten befindet sich eine Mergelschicht, die gelegentlich von Salzstöcken nach oben durchbrochen wird (z.B. in Lüneburg). Noch weiter darunter befindet sich in Norddeutschlands Untergrund eine mehrere tausend Meter mächtige Schichtfolge des alten Nordseebeckens aus dem Mesozoikum. Dieses Erdzeitalter begann vor etwa 252,2 Millionen Jahren und vor etwa 66 Millionen Jahren endete es.

Dieser Beitrag beruht auf den Artikel „Ehrhorn im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide – ein Blick ins Buch der Erdgeschichte“ von Prof. Dr. Gerd Lüttig, erschienen 1992 in Naturschutz- und Naturparke # 147 (VNP), Seiten 26-30.


Mehr zur Geologie und Hydrogeologie / Grundwasser im Beitrag Geologie und Vegetation.


Podsol

Die Eiszeit vor 180 000 Jahren schoben große Endmoränen aus Sand und Geröll auf, so auch die Hohe Heide mit dem Wilseder Berg. Es bildeten sich neben Flußauen auch große Sanderflächen. Findlinge sind Felsen aus Skandinavien, die beim Transport im Eis glatt geschliffen wurden. Sie wurden für Hausfundamente verwendet.

Die Bodenbildung ist geprägt durch hohe Auswaschung durch viel Niederschlag, gute Bodendurchlässigkeit (Versickerungsfähigkeit) und wenig Kalk. Nährstoff sind knapp in diesen Böden und es kommt zur Versauerung. Diese Podsolierung zeigt sich im Bodenprofil: die wenigen Nährstoffe der ersten Sandschicht, wo Heidestrauch und Moose in der Verwitterungsschicht wurzeln, werden langsam ausgewaschen. Eisen und Mineralien von dort lagern sich an einem Horizont an und können dort steinharte Schichten bilden: der sogenannten Ortsstein. Dieser ist oft für Pflanzenwurzeln undurchdringbar und muss vom Menschen vor Waldanpflanzungen oft mit einem Pflug durchbrochen werden. Unter dem Ortsstein befindet sich das ursprüngliche Bodenmaterial.