Als Menschen sesshaft wurden, kam die Landwirtschaft auf. Das wird in unserer Gegend schon zur Steinzeit so gewesen sein. Die Menschen beeinflussten die Landschaft und formten sie zur heutigen Gestalt: die Lüneburger Heide, die früher doch eher ein Eichenwald war.
Ein Rotenburger Archivbericht aus dem Jahre 1829 über das Kirchspiel Schneverdingen beschreib den Boden durchweg als Heide und Moor mit wenig lehmigen Erdarten und fehlenden Weiden – außer Fintel.
Das Rindvieh sei klein und unansehnlich und werde im Winter mit Stroh, etwas Rauhhafer, Kartoffeln und Rüben gehalten, und zwar wegen der Milch und des Düngers.
Die Schafe [Heidschnucken, Anm. d. Archivars] hingegen werden als nützliche Tiere beschrieben, weil sie sich von Heide ernähren und Wolle, allerdings von geringer Qualität, liefern.
Neben Roggen und Hafer würde hauptsächlich Buchweizen, der als Grütze sogar zur Ausfuhr käme, angebaut. Dagegen reiche der Roggen häufig nicht zur Ernährung aus und Weizen müsse ohnehin eingeführt werden.
Es wird auch die Herstellung von Strümpfen, Socken und Handschuhen aus Schafwolle erwähnt.
Die Menschen sieht Meier so: „Ihr Essen und Trinken läßt sich nicht gut beschreiben, man muß es sehen… Mangelnde Reinlichkeit und Unordnung ist abermals ein nicht zu beschreibendes Stück ihrer Lebensart… Von Hände- und Gesichtwaschen wisse manche gar nichts…
Der Charakter und die Gesinnungen des Völkchens sind auch sehr verschieden. Einige haben einen Anstrick von Gesittheit, andere teile ich ein in ganz rohe, halb wilde und ganz wilde, welche meistenteils am weitesten vom Kirchspiele wohnen.“
Der Wald war – wie die Heide – Teil des komplexen Agrarökosystems eines Heidebauerndorfes. Er war Flächenreserve, lieferte Mast (Eicheln und Bucheln), Weide, Streu und das unentbehrliche Bau-, Werk- und Brennholz. Die Heidebauernwirtschaft war ursprünglich auf funktionsfähige Waldungen angewiesen.
Solche waren – sieht man von Königlichen Bannforsten (in Oberhaverbeck und eventuell auch Eichenstrücken) ab – vermutlich schon im Mittelalter, gewiss aber gegen Ende des 18. Jh., selten geworden, wie Rezesse aus dieser Zeit für Gemeinden des heutigen Naturschutzgebietes zeigen. Der Holzmangel machte es zu diesem Zeitpunkt nicht nur nötig, auf den traditionellen „Eekenboltenthun“ um die Höfe zu verzichten und ihn durch Steinmauern zu ersetzen, sondern auch Moore und anmoorige Flächen zur Gewinnung von Brennmaterial („Brennbülten“) in Torfstichen heranzuziehen.
Betriebswirtschaftlich gesehen war ein Heidedorf mit seiner Markung weitgehend ein geschlossenes System. Es konnte nahezu autark in Subsistenzwirtschaft leben. Als Agrarökosystem betrachtet war es bedingt ein in seinen Stoff. und Energiekreisläufen in sich geschlossenes System. Abgesehen von der Sonnenenergie, von Wasser und Wald, waren die Energiequellen systemintern: Holz aus den Wäldern, Torf aus den Mooren, tierische und pflanzliche Fette und Öle, Bienenwachs. Der geringe Output aus dem System bestand in Fleisch, Wolle, Wachs, Honig und Holz – bis dieses knappe Ressourcen wurden. Die Getreideproduktion diente ausschließlich der Eigenversorgung. Der Rückfluss an Stoffen in Teile des Systems, die Heiden und Wälder, war minimal, da der Düngereintrag durch das Weidevieh den Entnahmen nicht äquivalent war.
Aus: Deutscher Rat für Landespflege: „Zur weiteren Entwicklung von Heide und Wald im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide“; Dezember 1985, Heft 48, Seite 751
Die Wolle der Heidschnucken wurde auch genutzt, um beispielsweise Socken zu stricken. Diese wurden, so wie Honig und andere Produkte der Landwirtschaft, auf dem Markt „Am Sande“ in Harburg verkauft. Die Anreise erfolgte mit der Heidebahn. Klaus Westermann berichtet, wie er als junger Mensch gemeinsam mit jemanden auf dem Harburger Markt einen großen Puter für 70 DM verkaufte.
Honig war eine wichtige Einnahmequelle der Heidjer, denn er ließ sich gut auf die Märkte transportieren und verkaufen. Lecker und gesund ist der Heidehonig auch heute noch. Ursprünglich wurden die Bienenvölker in Strohkörben gehalten, die gegen die Witterung in überdachte „Bienenzäunen“ aus Holz standen.
Die Einfuhr von Zucker aus Zuckerrohr und (besserer) Wolle aus Übersee war jedoch günstiger. Als die Verfügbarkeit dieser Importe zunahm, brach den Heidebauern eine wichtige Einnahmequelle weg. Ein Ausweg war dann die Aufforstung der wirklich unrentablen Böden, welche ab 1860 durch das Forstamt (landesweit) vorgenommen wurde.
Weiderechte
Das Recht, sein Vieh weiden zu lassen, war sehr wichtig für die Bauern. Vor der Verkoppelung waren viele Flächen Gemeineigentum und konnten genutzt werden. Es gab aber dennoch oft Konflikte, weil Flächen übernutzt wurden. Mehr dazu bei Claus Stamann und im Beitrag Weideinteressenten.
Mergeln
Mergeln nennt man die Düngung der Ackerflächen mit höherwertigen Material. Der heidebedeckte Sandboden war recht unfruchtbar, so dass man ihn mit Dung aus den Ställen und lehmiger Erde aus bestimmten Abbaustellen aufbesserte. Diese Stellen findet man auch heute noch, z.B. in Niederhaverbeck oder bei den Winterwiesen an der Bundesstraße auf Höhe Waldsiedlung. Die bedeutensten Mergelgruben befanden sich jedoch in Barrl auf dem Grund von Hof Barrl. Der dortige, 20%ige Mergel wurde drei Treppen tief abgebaut und war dennoch nicht allzu gut.
Klaus Westermann ist heute noch im Besitz des Mergelrechts bei Barrl. Die Wintermoorer Bauern erhielten 1901 anläßlich des Baus der Heidebahn eine Entschädigung vom Kreisbauernführer, weil sie durch die Gleise nicht mehr ohne Weiteres zu den Barrler Mergelgruben fahren konnten.
Die Rasenfläche für das Flugfeld im späteren Camp Reinsehlen war beispielsweise so unfruchtbar, dass die Wehrmacht erst umfangreiches Tiefpflügen und Düngen unternehmen mussten, bevor sich überhaupt eine Grasnarbe bilden konnte.
Werner Köster beschreibt in seinem Buch „Das Dorf am Moor“ ein Jahr in der Kindheit eines Hütejungens und die wichtigsten Abläufe im Alltag der Heidebauern. Mehr dazu unter: Bücher
Maße und Gewichte
In alten Verträgen und Testamenten findet man noch alte Maßeinheiten. Klaus Westermann berichtete, dass seine Vorfahren noch verpflichtet waren, eine gewisse Anzahl von Himten Getreide abzuliefern. Ein Hannoveraner Himpen entspricht laut Wikipedia einem Hohlmaß von 31,152 Litern. Himten waren hölzerne Eimer und hatten ein Niedersachsenross als Eichzeichen eingebrannt.
Eine sehr lesenswerte Zusammenstellung findet man in der VNP Schrift 4 (Niederhaverbeck 2013) unter dem Link https://www.zobodat.at/pdf/VNP-Schriften_4_0001-0414.pdf
Bilder © SLUB Dresden / Deutsche Fotothek / GERMIN.
Der Fotograf GERMIN nennt als Ort seiner Fotografien zwar Wintermoor, allerdings bezweifele ich, ob es wirklich hier vor Ort aufgenommen wurde. Die Torfböden waren i.d.R. nicht so mächtig wie sie auf den Böden wirken, sondern waren nicht tiefer als ein Meter.