Bahnhof Wintermoor und die Heidebahn

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Ergänzt im März 2020, bearbeitet im Januar 2024, Fotos vom Bahnhofsgebäude auf Wunsch vom Besitzer im April 2024 entfernt.

Die Heidebahn ist eine überwiegend nicht elektrifizierte und eingleisige Eisenbahnstrecke mit regionaler Bedeutung. Sie verbindet Buchholz in der Nordheide mit der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover.

HIER KLICKEN handcolorierte Ansichtskarte Heidebahn zwischen Holm und Wintermoor mit Dampflok um 1910
handcolorierte Ansichtskarte Heidebahn zwischen Holm und Wintermoor mit Dampflok um 1910
Ansichtskarte Bahnhof Wintermoor, gestempelt 1903
Ansichtskarte Bahnhof Wintermoor, gestempelt 1903
Ansichtskarte Bahnhof Wintermoor Heidebahn 1905
Ansichtskarte Bahnhof Wintermoor Heidebahn 1905

Der Bau des Abschnitts Soltau–Buchholz begann 1898. Die Trassierung erfolgte im Maschinenschachtverfahren, wobei Arbeiter schmalspurbetriebende Dampflokomotiven mit Loren befüllten. Das teuerste Bauwerk dieses Streckenabschnittes war mit seinerzeit 27.000 Mark ein Viadukt über das Dumpetal – die Eröffnungsfahrt erfolgte am 30. September 1901. Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Heidebahn

Die Wümme wurde beim Bau der Heidebahn umgelegt. Entlang des Bahndamms durch die Winterwiesen entstanden neue Gräben, damit die Anzahl von Brückenbauten gering blieb. Aus diesem Grund wurde auch der heutige Oberlauf der Este so gestaltet, wie er heute ist. Mehr dazu im Artikel zur Este.

Der Bahnhof Wintermoor war für den „vollen Personen- und Güterverkehr“ eingerichtet. Er verfügte über eine Telegraphenstation, ein Überholgleis, ein Ladegleis mit fester Rampe und zwei Stumpfgleise mit Prellbock. Erst 1948 wurde der neu errichtete Bahnhof mit einem „Jüdel“-Stellwerk ausgerichtet.

Gruß aus Wintermoor - Bahnhof und Gasthaus Lünz, Ansichtskarte 1902
Gruß aus Wintermoor – Bahnhof und Gasthaus Lünz, Ansichtskarte 1902
Bahnhof Wintermoor mit Schienenbus - Foto Dierk Lawrenz
Bahnhof Wintermoor mit Schienenbus – Foto Andreas Goldschmidt-Rokita aus dem Buch von Dierk Lawrenz
Gleisplan Übersicht vom Bahnhof Wintermoor und Barrl, S. 218 aus Die Heidebahn - Dierk Lawrenz u. Lothar Eichmann
Gleisplan Übersicht vom Bahnhof Wintermoor und Barrl, S. 218 aus Die Heidebahn – Dierk Lawrenz u. Lothar Eichmann

Die Heidebahn

1873 – 38 Jahre nach der Eröffnung der ersten Eisenbahnlinie in Deutschland (Nürnberg-Fürth) – stellten die Hannoveraner 11.120.000 Taler (etwa 33 Mio. Mark) für eine Verbindung Hannover-Hamburg bereit, um Güter für den Export zum Hafen transportieren oder auf gleichem Wege Rohstoffe importieren zu können. Obwohl die Gelder bereitgestellt waren, nahmen die Verhandlungen einen zähen Verlauf, weil noch andere Streckenabschnitte in Planung waren (Wittenberg-Bremerhaven), die den Vorrang bekamen. Aber 1896 war es endlich soweit. Berlin gab „grünes Licht“ zum Bau der Heidebahn und jetzt wurden zahlreiche Enteignungsverfahren in Gang gesetzt, doch trotz des Verhandlungsgeschickes einiger Heidjer, mußten sie zähneknirschend die Preise der Eisenbahn-Direktion akzeptieren: für Wiesenland ca. 200 Mark und für Heideland nur ca. 100 Mark pro Morgen.

1898 folgte dann der Startschuß für den Bau der Trasse und am 30. September 1901 war es schließlich soweit. Viele Schaulustige des zu damaliger Zeit 106 Seelen-Dorfes Wintermoor an der Chaussee, versammelten sich am Bahnhof, um der Eröffnung der Strecke Soltau-Buchholz beizuwohnen. Der Ort, dessen Haupterwerbsquelle die Landwirtschaft war, sollte in den nächsten Jahren einen regelrechten Boom an Sommerfrischlern und Wanderern zum Naturschutzpark Lüneburger Heide erleben, was auch die Gastronomie hier im Ort erblühen ließ. Die Großstädter liebten nicht nur die Heide, sondern auch die landwirtschaftlichen Erzeugnisse – Kartoffel, Honig und Wurst – die von den hiesigen Bauern angeboten wurden.

Die dunklen Kapitel der Heidebahn erfolgten während der beiden Weltkriege. Im 1. Weltkrieg rollten Gefangenentransporte über die Heidebahn zum sogenannten „Belgischen Bahnhof“ in Wolterdingen, wo ein Lager mit über 60.000 Gefangenen entstanden war. Nach Kriegsende wurde die durch Reparationen stark belastete Reichsbahn zum Sparen und Geldeintreiben angehalten. So wurde in Schneverdingen am 12. März 1923 „meistbietend gegen Sofortige Zahlung“ der Inhalt der Abortgruben sowie der gesammelte Abraum der Landesstraße versteigert.

Luftbild Bahnhof Wintermoor am 23.12.1944, aufgenommen vom 140 Squadron RAF, Bild 4012, 140-1345, Crown Copyright
Luftbild Bahnhof Wintermoor am 23.12.1944, aufgenommen vom 140 Squadron RAF, Bild 4012, 140-1345, Crown Copyright

Grausige Erinnerungen werden wach im Gedenken an die KZ-Transporte. Am 8. April 1945 lief ein Zug mit ca. 4.000 Häftlingen in Wintermoor ein. Während der 5tägigen Fahrt hierher starben viele der Insassen an Entkräftung oder durch Schläge der SS-Bewacher, sodaß bei der Ankunft zwei Waggons mit Leichen gefüllt waren, die notdürftig im „Ententeich“ verscharrt wurden.

Am 9. April 1945 wurde der Bahnhof von englischen Kampfflugzeugen bombardiert. Munitionswaggons, die – wie der KZ-Zug – hier abgestellt waren, explodierten, weitere Häftlinge kamen ums Leben und der hölzerne Bahnhof ging in Flammen auf.

Schon bald, nämlich im Jahre 1946, war dann ein neuer Bahnhof errichtet worden, der jetzt mit einem Stellwerk ausgerüstet war.

Jetzt, in den 50er und 60er Jahren sollte es wieder aufwärts gehen, doch das Wirtschaftswunder erreichte die Bahn kaum, „man“ fuhr jetzt Auto: „Goggomobil“, „Messerschmidt“ oder – wer es sich leisten konnte – „Ford Taunus“ oder „Mercedes“. Dennoch, durch den Pendelverkehr nach Hamburg war es der Heidebahn möglich, sich über Wasser zu halten.

Aber es gab auch Katastrophen: Am 4. Mai 1972 nachts um 2.51 Uhr, ließ ein Knall, wie nach einem Bombenangriff, die Wintermoorer aus ihrem Schlaf hochfahren. Ein Güterzug und ein außerplanmäßiger Militärzug bohrten sich ineinander. Ein Schneverdinger Fahrdienstleiter hatte den Güterzug vergessen und gab dem Militärzug „Freie Fahrt“, so kam es zu der Katastrophe, bei der 3 Menschen den Tod fanden und 31 Soldaten schwer verletzt wurden.

Im November 1972 gab es gleich die nächste Katastrophe, jedoch natürlicher Art. Ein Orkan fegte über Norddeutschland hinweg. Tausende Bäume knickten wie Streichhölzer um, ganze Wälder wurden ausradiert. Zum Transport von 22.222 Tonnen Holz leistete die Heidebahn ganze Arbeit.

Erfolgreich erwies sich die Heidebahn auch 1979, als nicht nur Wintermoor, sondern ganz Norddeutschland im Schnee versank.

Nur finanziell geriet die Bahn immer weiter in die roten Zahlen. Der Bahnhof in Wintermoor wurde 1979 geschlossen und verkauft. Es wurde immer öfter von Streckenstillegung gesprochen, doch 1984 wurde der Aktionskreis „Rettet die Heidebahn“ gegründet und seitdem werden durch diese Aktion diverse, gut genutzte Sonderfahrten gestartet.

Dieser Beitrag stammt aus der Chronik „200 Jahre Colonie Wintermoor“ von 1994; Seite 16.


Ein kleinerer Unfall ereignete sich Mitte August 1992 an einem mit Blinklicht gesicherten Bahnübergang bei Barrl. Ein britischer LKW vom Camp Reinsehlen fuhr unachtsam über das Gleis und wurde von der kreuzenden Heidebahn Typ 628 getroffen. Der Zug entgleiste mit dem vorderen Drehgestell, der LKW erlitt Totalschaden. Es gab keine Toten oder Schwerverletzte.

Zugunglück in Barrl 1992 - Foto aus DIe Heidebahn von Dierk Lawrenz
Zugunglück in Barrl 1992 – Foto aus Die Heidebahn von Dierk Lawrenz

Bau der Heidebahn

„Doch kehren wir zurück zur allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung [Schneverdingens]. Die aufblühende Schuhindustrie verlangte bessere Verkehrsverbindungen, und so dachte man bereits 1872 an den Bau einer Eisenbahn mit einer Eingabe an das Haus der Abgeordneten des Königreiches Preußen zu Berlin:

»Ehrerbietiges Gesuch der Stadt Walsrode, der Ortschaften Schwarmstedt, Schneverdingen und der von denselben vertretenen Gemeinden um Führung der projektierten Eisenbahn Hannover-Harburg über Schwarmstedt-Walsrode-Schneverdingen.

Bei der außerordentlichen Bedeutung, die die Richtung der projectirten Eisenbahn Hannover-Harburg für uns und die von uns vertretenen Gemeinden hat, fanden wir uns veranlaßt, selbst eine Linie, die auch unserem Interesse entsprechen würde, vermessen, kartieren und begutachten zu lassen.

Die Resultate dieser Arbeit, »Karten, Berichte etc. haben wir bereits zur Begründung unserer Wünsche an Königliches Handelsministerium eingesandt. Wir erlauben uns kurz dem hohen Hause der Abgeordneten unsere Wünsche vorzutragen, indem wir an dasselbe das gehorsamste Gesuch richten:

Hohes Haus der Abgeordneten wolle bei der projectirten Eisenbahn Hannover-Harburg die Richtung über Schwarmstedt-Walsrode-Schneverdingen geneigtest befürworten.

Zur Begründung unseres Gesuches legen wir den Bericht des Ingenieurs Menges, von dem die Vermessung der von uns gewünschten Linie ausgeführt ist, sowie einen Auszug unseres Gesuchs an Königliches Handelsministerium bei, und glauben wir damit den gründlichen Nachweis geliefert zu haben,

Daß die Linie über Schwarmstedt, Walsrode, Schneverdingen in Rücksicht auf den Bau und Betrieb, auf die Baukosten, die absolut beste ist.

Daß die günstigen Verhältnisse für die directe Verbindung zwischen Harburg und Minden mit der Abzweigung nach Walsrode, für Herstellung eines Knotenpunktes und Central-Bahnhofes der drei Linien Harburg-Hannover, Harburg-Minden und Magdeburg-Bremen, darbietet.

Daß sie Gegenden auffschließt, die sowohl in Beziehung auf die Landwirthschaft, als auf die Industrie zu den hoch entwickelten gehören und die voraussichtlich tief geschädigt werden würden, wenn sie für lange Jahre von dem Eisenbahnverkehr ausgeschlossen blieben.

Die anderntheils projectierten Linien treffen zumeist Ortschaften, die bereits mit Eisenbahnstation versehen werden.

Wir glauben nicht allein in unserem Special-Interesse zu handeln, wenn wir das hohe Haus der Abgeordneten um gründliche Prüfung dieser Eisenbahnfrage bitten, sondern zugleich das Wohl der Landdrostei Lüneburg in wesentlichen Theilen unbefangen im Auge zu haben.

Wir benutzen diese Gelegenheit um uns gehorsamst zu empfehlen. Der engere Ausschuß von Schwarmstedt: L. Grahl, H. Kuhls, G. F. Hoppe, Bothmer. Walsrode: Volkmann, Bürgermeister. C. H. Rohte, Rathsherr. W. F. Wolff, Commerzienrath. Schneverdingen: F. W. Dehning, Vorsteher. G. F. Witte, C. W. Berking. Im December 1872.

Über den weiteren Verlauf der Verhandlungen bis zum Bau der Bahn und ihrer Einweihung sollten noch fast dreißig Jahre vergehen. Borschel berichtet darüber:

». . . Bereits am 15. Juli 1888 wurde erstmalig auf einer Sitzung ein Comité ( zur Erlangung einer Eisenbahn von Hannover nach Harburg gegründet. Am 4. 2. 1891 reiste eine »Deputation, bestehend aus Vorsteher Theodor Meyer und Apotheker Mendelssohn, im Auftrage des Eisenbahn-Commités« zur Regierung nach Berlin, und am 1. 7. 1895 reichte die Gemeinde ein Gesuch für den Bau der Eisenbahn Schneverdingen-Buchholz ein. 1897 verpflichtete sich die Gemeinde, 5000 Mark zum Grunderwerb für den Bau der Eisenbahn beizutragen. 1899 begab sich (noch einmal) eine Deputation zum EisenbahnMinisterium. Nun war es geschafft. Im Frühjahr 1901 erhielt der Ort eine Kompanie Soldaten vom Eisenbahn-Regiment Nr. 2. Ein Festkommitté bereitete die Feier zur Einweihung der Eröffnung der Staatsbahn Soltau-Buchholz vor.

Dumpetal: Der Viadukt am Höpen im Bau.
Dumpetal: Der Viadukt am Höpen im Bau.

Ehe wir aber von der Einweihung der Eisenbahn sprechen, wollen wir noch einiges aus dem geschichtlichen Rückblick, der in der Festschrift enthalten ist, entnehmen. Verschiedentlich hatte die Presse berichtet, daß zur Zeit der Heideblüte aus Hamburg an einem Sonntag 60.000 Menschen in die Heide fuhren. Wenn man ferner bedenkt, wie wichtig eine direkte Verbindung Schneverdingens mit der großen Hansestadt in wirtschaftlicher Beziehung ist, wird man damit übereinstimmen, daß der 1. Oktober 1901 einen der wichtigsten Tage in der Geschichte unserer Heimatstadt darstellt.

Der Bahnhof Wintermoor um 1910
Der Bahnhof Wintermoor um 1910

Schneverdingen hat wahrlich allen Anlaß, des Tages zu gedenken. Für diesen Ort hat die Bahn eine gewaltige Bedeutung; denn durch sie wurde unser damals so regsamer und gewerbefleißiger Ort an das Bahnnetz angeschlossen und so mit Soltau, Hannover, Hamburg, Bremen und Berlin in Verbindung gebracht. Diese Verbindung mit den Wirtschaftszentren des Vaterlandes ist der Lebensnerv für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Ortes geworden . . .

Die Feier fand am Montag, dem 30. September 1901, statt. Ein Extrazug, bestehend aus 8 Personenwagen und einer mit Grün geschmückten Lokomotive, fuhr morgens 10 Uhr von Soltau ab nach Buchholz, um geladene Gäste dort abzuholen. Es waren dies 1. von der Königlichen Regierung in Lüneburg Regierungspräsident v. Oertzen mit anderen hohen Herren, 2. von der Königlichen Eisenbahndirektion Hannover Eisenbahndirektionspräsident v. ReitZenstein mit anderen hohen Herren, 3. Vertreter der Provinz Landesdirektor Lichtenberg. Dazu kamen Landräte der benachbarten Kreise, der Präsident der Handelskammer Hannover und der Hauptmann vom Eisenbahn-Regiment Nr. 2, Alberti. Sämtliche Stationen waren festlich geschmückt und zeigten Flaggenschmuck. Die Rückfahrt von Buchholz war dann das festliche Ereignis der Bahneröffnung.

Die Feier in Schneverdingen war besonders groß angelegt. Hier waren zum Empfang erschienen der Gemeindevorstand, der Kriegerverein, die Freiwillige Feuerwehr, der Schützenverein, der Männergesangverein, ein Musikkorps, ein Kranz festlich geschmückter Jungfrauen sowie die Lehrer mit den Schulkindern.

Herr Gemeindevorsteher Meyer begrüßte die Gäste, die Bedeutung der Bahn ins rechte Licht setzend. Der Eisenbahndirektionspräsident erwiderte die Ansprache. Darauf setzte sich der stattliche Festzug in Bewegung. Die Ehrengäste fuhren. Hotel Witte reichte das Frühstück, wobei die Schulkinder fröhliche Lieder sangen. In Schneverdingen wurde nun ein reiches Programm abgewickelt, und man berichtet, daß das Einweihungsfest der Eisenbahn auf das Schönste verlaufen ist.«

Die Bahn hat noch bis vor zwei Jahrzehnten große Bedeutung für Schneverdingen gehabt, nicht nur in der Beförderung von Wirtschaftsgütern, sondern vor allem im Transport von Zehntausenden von Menschen zur Heideblüte. Schon vor dem ersten Weltkrieg war die Blüte der Heide ein beliebtes Ziel an Wochenenden. Mit dem stetig wachsenden Individualverkehr ist auch die Bedeutung der Bahn geschwunden.

Auszug der Seiten 186-191 aus dem Buch „40 Jahre Schneverdingen 1946-1986. Fakten, Daten, Bilder. Eine Dokumentation“ von Walter Peters, herausgegeben 1987 von der Stadt Schneverdingen und mit freundlicher Erlaubnis der Stadt Schneverdingen vom 30.11.2016 für die Veröffentlichung hier freigeben. Der Beitrag als PDF mit Bildern zum Download: Peters_40J Schneverdingen_Bau der Heidebahn


Zweiten Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg war die Heidebahn eine wichtige Transportstrecke, um Gefangenenlager, den Truppenübungsplatz Bergen sowie hier ansässige Rüstungsindustrie (wie die Eibia) und Munitionslager zu bedienen. So fanden die Gefangenentransporte zu den Stalag XI B und Stalag XI D über die Strecke statt.  Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Heidebahn

Am 9. April 1945 wurde der Wintermoorer Bahnhof von englischen Kampfflugzeugen bombardiert und nahezu vollständig zerstört. Der Angriff galt einem vermeintlichen Munitionszug. Dieser war allerdings in Wirklichkeit ein Transport von KZ-Häftingen. Nur wenige Tage vor Kriegsende gab es dadurch 156 Tote, die in einem Massengrab direkt am Gleis (am Ententeich) verscharrt wurden.


Nach dem Zweiten Weltkrieg

Der Bahnhof wurde als Ziegelsteingebäude wieder neu aufgebaut. Die Betriebsstellenabkürzung lautete AWIM.

Südlich entstand ein Lagerhaus (z.B. für Kartoffeln).

Das Bahnhofsgebäude wurde in den 90er Jahren an privat verkauft und danach umgebaut. Einige Zeit beherbergte es einen Getränkefachhandel.

Wartehäuschen Bahnhof Wintermoor im Sommer 1993
Wartehäuschen Bahnhof Wintermoor im Sommer 1993

Weiteres

Die Heidebahn hatte eine eigene Bahnpost, Wintermoor a.d.Ch. trug die Stationsnummer 20a.

Die Wintermoorer Bauern erhielten 1901 anläßlich des Baus der Heidebahn eine Entschädigung vom Kreisbauernführer, weil sie durch die Gleise nicht mehr ohne Weiteres zu den Barrler Mergelgruben fahren konnten.

Die südlich gelegene Haltepunkt in Barrl wurde am 28.05.1989 geschlossen. Die Stationierung von britischen Truppen im Camp Reinsehlens liess dort eine große Panzerverladestation entstehen.

Das Dumpetal-Aquädukt (s. Foto oben) wurde 1998 verfüllt. Die Holzbrücke des parallel laufenden Radweges wurde in den Südpark umgesetzt.

Mittwoch aktuell vom 29.7.1998: In den Südpark umgesetzt
Mittwoch aktuell vom 29.7.1998: In den Südpark umgesetzt

Aktueller Stand

Bahnhofsinitiative

„Wintermoorer Initiative setzt sich für Erhalt der Station ein“

„Wir machen viele kleine Dinge, um den Bahnhof attraktiver zu gestalten“, betonte am vergangenen Mittwoch die Wintermoorer Ortsvorsteherin Karin Meyer, die sich ebenso wie der CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Karl-Ludwig von Danwitz und weitere Mitstreiter in
einer Initiative für den Erhalt des Bahnofs der Schneverdinger Ortschaft engagiert. Im Zuge der Ertüchtigung der Heidebahn, die dazu führen soll, daß Züge künftig mit Tempo 120 statt 80 fahren können, ist der Wintermoorer Bahnhof wie auch die Haltepunkte in Büsenbachtal und Suerhop
im Landkreis Harburg von der Schließung bedroht, weil die Fahrgastzahlen zu niedrig sind. In Wintermoor soll die Zahl der Ein- und Aussteiger an Werktagen derzeit bei 80 Personen liegen. Das ist laut Landesnahverkehrsgesellschaft zu wenig. „200 Ein- und Ausstiege müssen es sein, sonst wird es schwierig“, so dazu von Danwitz. Wie die Stationen in Büsenbachtal und Suerhop soll auch der Bahnhof Wintermoor auf den Prüfstand, wenn der mittlere Ausbauabschnitt fertig ist – also 2015.

Mit diversen Maßnahmen möchte die Initiative daher den Bahnhof im „Tor der Heide“ attraktiver gestalten, um möglichst viele Menschen dazu zu bewegen, vor Ort die Bahn zu nutzen. So haben sich die engagierten Dorfbewohner dafür eingesetzt, daß der Bahnhof erstmals Haltestelle für zwei Busringe des Heide-Shuttles wird. Dies ist in der neuen Heide- Shuttle-Saison, die am vergangenen
Freitag begonnen hat, bereits der Fall. „Hier hat uns Willem Wachter vom Landkreis unterstützt“, so Karin Meyer. Bislang hielt der Bus des einen Ringes mehrere Hundert Meter entfernt auf der anderen Seite der B3. „Jetzt kreuzen sich hier die Ringe. Das ist viel übersichtlicher“, freute sich von Danwitz. Eine entsprechende Beschilderung ist an der Haltestellte bereits angebracht worden.

Die Wintermoorer Initiative zeigt zudem, daß sie mit ihrem Engagement aus besonderem Holz  geschnitzt ist: Sie hat am vergangenen Mittwoch neben der Heide-Shuttle-Haltestelle in Eigenregie zwei Sitzbänke und einen Tisch aufgestellt, um Nutzern die Wartezeit angenehmer zu machen. Gebaut haben das „Mobiliar“ Mathias Schröder und René Zahlmann, als Sponsoren beteiligten sich Matthias Manke und Andreas Sackmann an dem Projekt.

Wintermoorer Frauen und Männer, die sich im Dorf alle 14 Tage zu Arbeitseinsätzen treffen, haben sich auch um das Grün in Bahnhofsnähe gekümmert, Hecken geschnitten und Beete auf Vordermann gebracht. „Wir haben tolle Leute im Dorf“, lobte von Danwitz.

Radtouristen soll die Beschilderung des Este-Radweges und des Wümme-Radweges ansprechen. Hier seien auch die Touristik-Prospekte entsprechend geändert worden. Zudem solle, erläuterte Meyer, demnächst eine neue Informtionstafel beim Bahnhof aufgestellt werden. Die Initiative setzt, was eine Steigerung der Bahnnutzerzahlen in Wintermoor angeht, auch auf Gruppen, die die Einrichtung „Walderlebnis Ehrhorn“ besuchen. Positive Auswirkungen erhofft sie sich zudem vom neuen Fahrplan, der ab Dezember dieses Jahres gültig ist. Er wird durch die Beseitigung von Taktlücken systematisiert. Tagsüber wird ein leicht zu merkender Stundentakt eingeführt. Damit wird der Fahrplan insbesondere für Pendler übersichtlicher. Allerdings werden dann an den Wochenenden wohl weniger Züge in Wintermoor halten.

Mehr Fahrgäste erhofft sich die Initiative nach Einführung der modernen Dieseltriebwagen des Typs Coradia Lint 41 (HK berichtete). Wenn diese in Betrieb genommen werden, soll es am Bahnhof ein großes Fest geben. Margaret Robbins von der Initiative hat zudem den Internetauftritt www.wintermoor.de überarbeitet und neu gestaltet.

Es sind viele kleinere Schritte, die letztlich zum Erfolg, also zum Erhalt des Wintermoorer Bahnhofes führen sollen. „Wir haben noch drei Jahre Zeit und sind optimistisch, daß wir das schaffen“, meinte von Danwitz.“

Artikel aus dem Heide-Kurier vom 17.07.2011, Seite 4 (mk).

Heidekurier vom 17.07.2011, Seite 4: Bahnhof attraktiver gestalten
Heidekurier vom 17.07.2011, Seite 4: Bahnhof attraktiver gestalten

Auch das Hamburger Abendblatt berichtete am 23.11.2019 über den Erfolg der Initiative: https://www.abendblatt.de/region/niedersachsen/article227727897/Die-erstaunliche-Rettung-des-Bahnhofs-Wintermoor.html

Beitrag als PDF.


Heidebahnausbau

Die Heidebahn wurde bis 2016 für eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 120 km/h ausgebaut. Der dritte Bauabschnitt (Soltau–Buchholz) musste vor dem zweiten Bauabschnitt (Walsrode–Soltau) erfolgen, um die zeitlichen Restriktionen für die Nutzung von EU-Mitteln einzuhalten. Die Entwurfsplanung für den dritten Bauabschnitt wurde noch im Jahr 2008 fertiggestellt, damit Ende 2009 mit dem Ausbau begonnen werden konnte. Bis Ende 2011 wurde der 46 Kilometer lange Streckenabschnitt ertüchtigt, um die Geschwindigkeit der Züge von 80 km/h auf 120 km/h zu erhöhen. Die Reisezeit wurde damit um elf Minuten verkürzt. Nach Abschluss sämtlicher Baumaßnahmen (2017) sollte die Schließung der Bahnhöfe Wintermoor, Büsenbachtal und Suerhop geprüft werden. Nach den Passagierzahlen (Stand 2009) von 150 (Suerhop), 90 (Büsenbachtal) und 80 (Wintermoor) wurde die Mindestanzahl von 200 Passagieren pro Tag nicht erreicht. Der Haltepunkt Hemsen wird im Zuge der Bauarbeiten bereits seit dem 6. November 2010 nicht mehr bedient. Aufgrund steigender Passagierzahlen wurden die drei Haltepunkte 2016 bis 2017 barrierefrei ausgebaut und ertüchtigt.

Die Osthannoversche Eisenbahnen AG (OHE) hat die Ausschreibung für die Heidebahn gewonnen und übernahm zum Fahrplanwechsel im Dezember 2011 für acht Jahre den Betrieb.[12] Zu diesem Zweck gründete sie zum 18. April 2011 eine neue Tochtergesellschaft, die Heidekreuzbahn GmbH, die wenig später in erixx GmbH umbenannt wurde. Güterzüge gibt es nur südlich ab Walsrode.

Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Heidebahn


Die Verladerampe zum Munitionslager Kamperheide wurde beim Bahnausbau zurückgebaut – heute ist nichts mehr davon in der Landschaft zu erkennen.


Blick über die Gleise nach Süden, Bahnhof Wintermoor im Dezember 1993. Das zweite Bahnhofsgleis rechterhand lässt sich noch erahnen.
Blick über die Gleise nach Süden, Bahnhof Wintermoor im Dezember 1993. Das zweite Bahnhofsgleis rechterhand lässt sich noch erahnen.
Blick über die Gleise nach Norden, Bahnhof Wintermoor im Januar 2017
Blick über die Gleise nach Norden, Bahnhof Wintermoor im Januar 2017
Bahnhof Wintermoor mit Blick nach Süden im März 2022
Bahnhof Wintermoor mit Blick nach Süden im März 2022
Heidebahn bei Barrl im März 2022
Heidebahn bei Barrl im März 2022

Zum 1. Januar 2008 wurde der HVV-Tarif zunächst für Zeitfahrkarten im Abschnitt Soltau–Handeloh der Regionalbahn 38, der Heidebahn, eingeführt.

Das nördliche Heidekreisgebiet ist seit 2019 in das HVV-Tarifgebiet mit Einzel- und Zeitfahrkarten einbezogen: Schneverdingen, Soltau, Soltau-Nord, Wintermoor und Wolterdingen, die im Verlauf der Regionalbahn 38, der Heidebahn, sowie Munster an der Regionalbahn 37. Schneverdingen und Wintermoor liegen dabei im etwas günstigeren HVV-Tarifring E, die anderen Stationen im Ring F.

Die Bahnhöfe des südlichen Kreisgebiets sollen zukünftig in das Tarifgebiet des Großraumverbands Hannover (GVH) einbezogen werden.


 

Es gab eine eigene Bahnpost auf der Linie. Mehr zum Postwesen hier.

 


Mehr Infos im Buch „Die Heidebahn“ von Dierk Lawrenz:


Nachweise

Im Landesarchiv Niedersachsen liegen Unterlagen zur Heidebahn unter den Signaturen:

NLA HA, HA, Hann. 80 Lüneburg Nr. 932 (Bau der Bahn in den Feldmarken Wintermoor-Geversdorf, Ehrhorn 1875 – 1876)

Weitere Infos zur Heidebahn unter www.heidekreuz.de


Andere Bahnlinien

Neben der Heidebahn gab es auch zwei weitere Bahnprojekte, die Wintermoor beinahe zumindest sehr nahe gekommen wären:

Die Bahnlinie Bremen-Hamburg wurde seinerzeit in verschiedenen Varianten geplant. Eine Variante des Handelsministeriums von 1871 führte die Bahnstrecke östlich von Wesseloh kommend durch das Wintermoor (ungefähr so wie der Postweg lief). Schlußendlich wurde 1872 die endgültige Streckenführung weiter nördlich bei Tostedt festgelegt und die Verbindung 1874 eröffnet.

Der Transrapid als moderner Technologieträger sollte Hamburg und Hannover verbinden. Die bevorzugte Option verlief entlang der Autobahn, jedoch gab es auch Planvarianten, die östlich und westlich von der BAB 7 liefen. Die Strecke mit der Kennung B1 wäre von Harburg über Welle geführt worden und dann zwischen Wesseloh und Wintermoor geführt worden. Der spätere Verlauf hätte dann westlich an Schneverdingen vorbeigeführt. Der Transrapid wurde weder auf der bevorzugten Variante noch auf der Variante B1 gebaut, auch wenn das Raumordnungsverfahren von 1989 ganz gründlich abschloss.

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