Zweiter Weltkrieg

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Bilder, Hinweise und Korrekturen stets willkommen!

Prolog

Keine Ortschronik ohne große geschichtliche Anläße: Krieg gehört leider dazu.

Man kann nicht sagen, dass der Krieg überraschend in unsere Heimatgemeinden kam. 1938 startete der Bau des Luftwaffen-Flugplatzes in Reinsehlen und gleichzeitig wurde nördlich von Wintermoor das Munitionslager bei Kamperheide errichtet. Beides sind Rüstungsprojekte, die man für Frieden nicht benötigt.

Mit der Einberufung der deutschen Soldaten kam der Zweite Weltkrieg 1939 dann auch im Alltag der Menschen an: Söhne und Väter waren fort. Kurz danach kamen die ersten Kriegsgefangenen als Arbeitskräfte auf die Höfe und in die Betriebe.

Der Bau des Hamburger Ausweichkrankenhauses als militärisches Zivilschutzprojekt und die Verlegung von Patienten (Evakuierte und Bombenopfer, ab 1942) in die Heide zeigten dann die Auswirkungen des Krieges auf die Menschen. Es kamen ausgebombte Hamburger in die Gegend und schafften sich ein mehr oder minder provisorisches Heim (insbesondere in Ottermoor, Kamperheide und dem Fuhrenkamp).

Alle Einheimischen hatten per Vorschrift Luftschutzbunker anzulegen, auch wenn diese teilweise einfach nur mit Pappe und Sand abgedeckte Löcher im Boden waren. Verdunklung war auch in Wintermoor angeordnet, um den nachts fliegenden amerikanischen Bombern keine Ziele und Orientierung zu bieten.

Richtige Kriegshandlungen gab es in und um Wintermoor erst im April 1945. Geschossen wurde schon vorher: von drei Kriegsgefangenen ist sicher, dass sie von ihren Wachmannschaften zwischen 1942 und 1945 erschossen wurden.

Flugzeuge fielen in unserer Gegend auch vom Himmel. Details dazu finden sich unten im Text zu den jeweiligen Orten. Es gibt Hinweise auf mehrere Flugzeuge, die in Wintermoor a.d.Ch. abstürzten und noch nicht offiziell verzeichnet sind: dazu folgt später mehr, denn Raubgräber sollen hier keine Hinweise erhalten und Fundstellen zerstören.

Bombenangriff 1941

Wo genau, das steht dort nicht im Bundesarchiv unter dem Link https://invenio.bundesarchiv.de/invenio/direktlink/4fbaaca4-2efb-42e9-807c-3515ed1f1034/ auf Seite 318 bzw. 322 im Digitalisat. Es gab nur Flurschaden als Folge, als die Bombe(n) am 21.10.1941 fielen.

Bombenangriff in Wintermoor am 21.10.1941 R 58/3578, S. 318 Quelle Bundesarchiv
Bombenangriff in Wintermoor am 21.10.1941 R 58/3578, S. 318 Quelle Bundesarchiv

Tieffliegerangriff

In der Nacht vom 8.4. auf den 9.4.1945 (andere Quellen nennen die Nacht vom 9. auf den 10. April) erfolgte ein Tieffliegerangriff auf den Bahnhof. Neben dem eigentlichen Angriffziel, die Güterzüge mit Munition vom Kamperheide Lager, befand sich zu dieser Zeit auch ein Zug mit KZ-Häftlingen im Bahnhof. Dieser KZ-Zug lief in Wintermoor am 8.4.1945 mit 59 Toten ein, die im benachbarten Ententeich notdürftig begraben wurden.

Artefakt Durch Explosion zerstörte Schiene aus Wintermoor 1945
Artefakt: Durch Explosion 1945 zerstörte Schiene aus Wintermoor

Die Munitionswaggons explodierten beim Tieffliegerangriff. Die Wucht der Explosion war so stark, dass sogar Schienen zerrissen wurden (Bericht und Artefakt von Günther Röhrs, der am Tag danach vor Ort war). Auf dem Bahngelände sowie im Umfeld wurde große Zerstörungen angerichtet. Etwa 100 Menschen verloren ihr Leben durch diesen Angriff (und die Wirren und vereitelten Fluchtversuchen im Anschluß).

Es existiert eine Filmaufnahme der Schäden, die britische Truppen anfertigten. Aus Lizenzgründen darf ich sie hier nicht zeigen. Das Video ist jedoch unter www.britishpathe.com//asset/93964/ zu sehen – oder klicken Sie auf diesen Screenshot der Webseite. Die ersten 30 Sekunden wurden am Wintermoorer Bahnhof aufgenommen.

Screenshot BritshPathe - Bombenschaden Bahnhof Wintermoor 1945
Screenshot BritshPathe – Bombenschaden Bahnhof Wintermoor 1945

Als der KZ-Zug am 9.4.1945 in Richtung Süden abfuhr, waren im Ententeich 156 Menschen begraben worden. Sie wurden nach dem Krieg auf dem Wintermoorer Friedhof umgebettet.

Einmarsch der Briten

Wintermoor-Geversdorf

Die britischen Kampfverbände rückten von Westen über Wesseloh nach Wintermoor vor und kamen zuerst in Wintermoor-Geversdorf an. Ein zweiter Vorstoß erfolgte offenbar gleichzeitig von Süden über den Wintermoorer Kirchweg. Bei Riebesell-Badens Kartoffelbunker an der Kreuzung Wintermoorer Straße / Kirchweg wollten sich einige deutsche Soldaten den Briten entgegenstellen. Angeblich schafften es Anwohner, die deutschen Soldaten von Kampfhandlungen abzuhalten. Dagegen spricht, dass die anrückenden Engländer diesen Hof und weitere beschossen.

Vor den Höfen2 Busch 2019
Vor den Höfen 2 – Gebüsch an der Straße 2019

Die Bauernhäuser hatten Reetdächer, weshalb sie sehr feuergefährdet waren. Tatsächlich brannten einige Häuser, auch Burvohs, in Folge der wenigen Kampfhandlungen Vor den Höfen in Geversdorf ab. Die britischen Panzereinheiten verwendeten Leuchtspurmunition, welche die Reetdächer schnell entflammen ließen.

Britische Patrone abgefeuert im Zweiten Weltkrieg gefunden an der Wintermoorer Strasse
Britische Patrone abgefeuert im Zweiten Weltkrieg gefunden an der Wintermoorer Strasse

Ernst-August Ahlborn erinnerte sich an einen jungen Panzerfahrer der Briten, der vor Meyers Gasthaus die vier Lindenbäume mit seinem Panzer umfahren wollte. Ein britischer Offizier stoppte ihn, nachdem der erste Baum bereits gefallen war.

Vom Hof von Olga Koenemann war jemand in der Kriegszeit nachts zum Holzholen mit einer Laterne unterwegs. Das Licht hing im Baum und wurde anvisiert. Die Granate landete jedoch ohne Schaden anzurichten im Kiebitzflatt bei Kerkenmeyers.

Wintermoor a.d.Ch. / Ehrhorn

In Wintermoor a.d.Ch. gab es neben den vorrückenden Bodentruppen der Briten (gemeinsam mit kanadischen und polnischen Einheiten) auch Luftunterstützung.

Englische Panzer 1950 zwischen Heber und Behringen - Foto W Köster
Englische Panzer 1950 zwischen Heber und Behringen – Foto W Köster

Hilde und Günther Vorwerk berichteten, dass ihr Hof (damals gehörte er Hilda und Wilhelm Meyer) an der Behringer Straße am 17.4.1945 abbrannte (Wajemann 2019: 81). Ebenso geriet der Bahnhof Wintermoor und das Wohnhaus von Rudolf Meyer (spätere Post) unter Beschuss mit Leuchtspurmunition und fing Feuer. Auf R. Meyers Hof blieben nur der Schweinestall und die Scheune verschont. Einen Eindruck der Schäden, auch vom niedergebrannten Bahnhof, erhält man unter www.britishpathe.com/video/germany-bomb-damage

Ein Grund für die Stärke der Kampfhandlungen war sicherlich der verzweifelte Panzerfausteinsatz aus Buhrs Hotel: aus dem ersten Stock des Hotels wurde damit auf einen britischen Panzer geschossen, traf jedoch nicht. Der Panzer ist dann einfach durch das Erdgeschoss des Hotels gefahren. Auch dieses Gebäude brannte ab.

Die Zerstörung der vier Anwesen und der komplette Verlust des Viehs (außer bei Meyers) erfolgte zum Glück ohne Tote und Verletzte bei den Einwohnern. Der Wiederaufbau erfolgte schnell und die Gebäude stehen bis heute.

In den Apriltagen 1945 war der Himmel über Wintermoor oft voller allierter Flugzeuge. Diese warfen über den Dörfern und Höfen Flugblätter ab. Selbstverständlich war es verboten, diese „Feindpropaganda“ zu lesen.

Am 17.4.1945 fielen bei kurzen Kampfhandlungen mit Panzerbeteiligung im Bereich der Kreuzung an der heutigen B3 insgesamt fünf deutsche Soldaten. Darunter zählt wahrscheinlich auch ein 18jähriger SS-Soldat, der aus Bergen-Belsen weggelaufen war und bei Ehrhorn fiel. Er wurde auf dem Notfriedhof beim Krankenhaus beigesetzt und später als unbekannter Soldat umgebettet zu den „Russengräbern“ auf unseren Friedhof (Wajemann 2019: 73 und 82).

Ein englischer Panzer wurde durch eine Panzerfaust einer kleinen deutschen Infanterie-Einheit (s.u.) abgeschossen. Zwei Besatzungsmitglieder namens Arno und Smith starben dabei und wurden in Ebelings Garten beerdigt. Anderthalb Jahre später wurden diese exhumiert und zum Sammelfriedhof bei Soltau gebracht. (Wajemann 2019: 82).

Gerhard Hagel berichtete am 26.04.1975 im Hamburger Abendblatt von seinem Einsatz in der „2. SS-Division Groß-Hamburg“, die u.a. in Wintermoor britische Panzer bekämpfte: „Ich gehörte als Scharfschütze zu einem sechs Mann starken Sicherungskommando eines Sturmgeschützes. Die Sturmgeschütze, getarnt mit jungen Bäumen, tasteten sich bis auf 1500 Meter an die englischen Panzerspitzen heran. Wir konnten nur fahren, wenn auch die Engländer fuhren. Der Lärm der schweren Motoren des Sturmgeschützes hätte uns sonst verraten. Bei jedem Halt sprangen wir vom Fahrzeug herunter und sicherten es gegen angreifende Infanterie. Diese fünf bis zehn Minuten Halt waren die gefährlichsten Momente. Sobald unser Geschütz die erste 10,5-Granate abgeschossen hatte, griffen die Engländer an. Englische Panzer bei Wintermoor, bei Höckel und bei Sieversen, Lastwagen mit Nachschub ? das waren die Ziele, auf die wir angesetzt wurden. Die infanteristische Begleitung unserer beiden letzten Sturmgeschütze bestand aus etwa 40 jungen SS-Soldaten aus Wiesbaden und Frankfurt. Drei, vier, manchmal auch fünf Schuß schafften wir, dann sprangen wir wieder auf, und mit Vollgas ging’s zurück in Deckung. Unser Trick: Wir kehrten wenig später an die Stelle zurück, wo wir zum ersten Mal gefeuert hatten. Damit hatten die Engländer nicht gerechnet.“ Quelllink: https://www.abendblatt.de/archiv/1975/article201443331/So-knackten-wir-die-englischen-Panzer.html

Zwei weitere Briten namens Conrey und Knight fielen an diesem Tag in Wintermoor, wie Ehrhorns Bürgermeister Wilhelm Menke am 16.1.1950 berichtete. Ferner konnte er anläßlich der Suchaktion Ausländer von einem toten Soldaten aus Frankreich berichten und 3 russischen Soldaten, die 1944/45 beim Krankenhaus ums Leben kamen (und dort auch beurkundet wurden). (Wajemann 2019: 83)

Ein Übersichtsbericht vom Landkreis Soltau (Tote Ehrhorn und Wintermoor, 2.1.2.1 / 70742253, ITS Digital Archive Bad Arolsen) erwähnt 21 gefallene alliierte Soldaten, auf Seite 2 im Wortlaut (Ortsfremden war die Unterteilung in Wintermoor a.d.Ch. = Gemeinde Ehrhorn und Wintermoor-Geversdorf = Gemeinde Wintermoor oft nicht bekannt):

„Die Gemeinde Wintermoor ist ein Ortsteil der Gemeinde Ehrhorn. Die vier unbekannten amerik. Flieger müssen identisch mit den Ostern 44 gefallenen vier amerik. Fliegern sein, die unter Ehrhorn gemeldet wurden. Für die unter Wintermoor gemeldeten 12 brit. Soldaten werden die Sterbeurkunden nachgereicht, ebenso die Sterbeurkunden der als unbekannte Nationalität aufgeführten 5 namentlich bekannten Personen.“

Manche Höfe wurden von deutschen Soldaten belegt, weshalb die Bewohner dann kurzfristig in das Krankenhaus oder zu Verwandten umziehen mussten. In Buhrs Hotel und einem weiteren Wintermoorer Hof waren zu dieser Zeit SS-Leute einquartiert.

Es gibt Berichte, dass die Wehrmacht auf ihren Rückzug an manchen Stellen Munition abgekippt hatte oder sonstwie zurückließ. Fachleute halten das für unglaubwürdig und weisen darauf hin, dass Munition stets in Holzkisten transportiert wurde. Trotzdem hat wahrscheinlich jeder Bauer eine Ackerecke, die er lieber nicht mehr pflügt. An der Wintermoorer Straße Ecke Flattweg gibt es eine Ecke, in der nicht abgefeuerte deutsche MG-Munition oberflächennah liegt. Dort schien eine alte Müllgrube zu sein, in der auch abgefeuerte britische Munition zu finden ist.

Deutsche MG-Munition unabgefeuert und gegurtet aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden an der Wintermoorer Strasse
Deutsche MG-Munition, unabgefeuert und gegurtet, aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden an der Wintermoorer Strasse

Bomberabsturz am Wulfsberg

Ein englischer(?) Bomber wurde zu Ostern 1944 (wahrscheinlich am 14.4.1944 oder aber 18.4.1944) angeschossen und brannte hinten links. Er stürzte in der Gemarkung Ehrhorn in der Nähe des Wulfsberg / spätere Panzerbrücke über die B3 ab, die Flügelteile verteilten sich in der Heidelandschaft. Heinrich Tödter berichtete, dass ein Toter sofort bestattet wurde und ein Überlebender verloren auf dem Damm neben der B3 saß. (Wajemann 2019: 83)

Flugzeugabsturz am Wulfsberg 1944
Flugzeugabsturz am Wulfsberg 1944

Dieser Absturz forderte das Leben von Anthony Hawkins sowie eines weiteren unbekannten Soldaten. Welcher der beiden nach Tödters Aussage direkt vor Ort bestattet wurde, läßt sich heute nicht mehr sagen.

Die Beurkundung der Sterbefälle jedoch übernahm das Standesamt der Gemeinde Ehrhorn. (Wajemann 2019: 83)

[Notiz des Archivars: Wajemann vermengt auf Seite 83 Namen von Fliegern aus dem Absturz des englischen Bombers zu Ostern 1944 mit dem Absturz des amerikanischen Bombers im März 1945 in Schneverdingen, s.u.]

Munitionslager

Angriffe erfolgten laut Helmut R. Tödter (s. „Kampen, Welle und Todtshorn…„, S. 294) in den letzten Kriegsmonaten häufiger, wodurch auch etwa 450 Morgen Wald vom Hof Cordshagen zerstört wurden.

1944 gab es einen Tieffliegerangriff auf die Anlage, jedoch entstand außer einem Waldbrand kein sonderlich großer Schaden. Unklar ist, ob der sog. Bombenkrater bei Ottermoor aus diesem Angriff stammt oder ob er ganz anderer Herkunft ist.

Das Munitionslager in Kamperheide wurde von den Wachtruppen über Nacht verlassen. Die Lagerhäuser waren zu diesem Zeitpunkt gut gefüllt.

Flugplatz Posemuckel

Der Flugplatz in Reinsehlen selbst ist laut Berichten (Köster) nie mit Bomben angegriffen worden, auch wenn ein Luftbild Bombenkrater auf dem Flugfeld zeigt. Es gab allerdings Pläne der amerikanischen 94th BG, dieses militärische Ziel am 7.4.1945 anzugreifen. Eine geschlossene Wolkendecke verhinderte jedoch, dass die Bomber ihr Ziel fanden. Sie griffen dann als Ersatzziel den Lüneburger Bahnhof an (Köster 2002:99).

Im April 1945 wurden noch (relativ nutzlose) Panzergräben ausgehoben (etwa östlich vom Bahnhof Barrl und beim Barrler Kirchweg), das Rollfeld wurde gepflügt und einige Flugzeuge am Boden angezündet. Quelle: Werner Köster, Die Geschichte des Camp Reinsehlen, Seite 18 sowie Wajemann 2019: 83.

Während des Flugbetriebes kam es zu mehreren Unglücken:

Am 4.8.1944 um 13:15 Uhr stürzte ein deutsches Flugzeug in Reinsehlen ab und fünf Soldaten starben. Darunter war wahrscheinlich auch der Pilot Gustav Hoffmann, geb. zu Maschowitz, dessen Verbleib vom Amtsgericht Traunstein mit Schreiben vom 30.7.1947 gesucht wurde.

Am 2.8.1944 starb Leutnant Krauß von der 8. Staffel J.G. 26. „S“ in Reinsehlen. Er könnte der Pilot des Flugzeuges sein, das nach einem Übungsflug im Landeanflug von Osten kommend eine Bauchlandung hinlegte. Dabei rutschte das Flugzeug gegen die Schienen am Barrler Bahnhof und verbog diese. Es ist heute unklar, ob es sich bei diesem Flugzeug um eine Fieseler Storch 156 oder um eine Focke-Wulf 190 handelte. Allerdings ist eine Fieseler wahrscheinlich zu leicht gewesen, um die Schienen zu verbiegen.

Am 12.09.1944 stürzte auf dem Flugplatz Reinsehlen eine Focke-Wulf A 8 (Werksnummer 171 1644) ab und ging in Flammen auf. Pilot Uffz. Karl-Heinz Virnau (*1922) vom 8. Staffel Jagdgeschwader 1 starb am nächsten Tag im Krankenhaus Wintermoor und wurde in Hamburg beigesetzt. (Köster 2002: 98)

Am 19.09.1944 ist eine Fokke Wulf FW 190-A8 bei einem Übungsflug aufgrund eines technischen Defekts unweit von Reinsehlen, am Radweg Insel-Wesseloh, abgestürzt. Der brennende Motor wurde über die Straße geschleudert und setzte ein Waldstück in Brand (es wurde nicht wieder aufgeforstet und ist heute noch erkennbar). Der Pilot Unteroffizier Erich (vom 8. Staffel Jagdgeschwader 1) Lorenz überlebte den Absturz mit einem gebrochenen Bein. Quelle: (Köster 2002:12),  https://www.geocaching.com/geocache/GC4TT0D_schutzhutte-flugzeugabsturz-sommer-1944?guid=db4e4b7f-281c-4290-a471-18bb90ff53c8

Am 22.09.1944 stürzte Fähnrich Walter Eitemeier von der 7. Staffel bei einem Übungsflug in der Nähe von Soltau ab. Er starb durch Aufschlagsbrand. (Köster 2002:99)

Am 29.3.1945 stießen eine landende Ju 88 mit einer startenden ME 110 zusammen, alle vier Besatzungsmitglieder starben. Günter Vaupel wurde in Schneverdingen bestattet.

Ebenfalls am 29.3.1945 legte eine Ju 88 von der 1. Staffel Nachtjagdgeschwader II eine Bruchlandung in Reinsehlen hin, weil sich das Fahrwerk nicht ausfahren ließ. Ursprünglich wollte man in Rotenburg landen, jedoch blockierte ein brennendes Flugzeug die Landebahn. Nach mehreren Versuchen klappte die Bruchlandung auch ohne Fahrwerk, zwei von den vier Besatzungsmitgliedern wurden dabei leicht verletzt. (Köster 2002:99)

Wrackteil vom Flugzeugabsturz in Wintermoor
Wrackteil vom Flugzeugabsturz in Wintermoor (korrodierte Aluminumlegierung)

Es gibt wahrscheinlich noch weitere Absturzstellen bei uns in der Gemarkung. Berichte dazu folgen, sobald Details von der Denkmalschutzbehörde vorliegen.

Im Sommer 1944 wurden Baukolonnen von Tieffliegern angegriffen, die den Flugplatz Reinsehlen bis an die Stadtgrenze von Schneverdingen / Hansahlen erweitern sollten. Dabei geriet der trockene Kiefernwald beiderseits des Wintermoorer Kirchwegs in Brand. Die Flugzeughallen (heute Segelflugplatz) blieben aufgrund eines groß angelegten Feuerlöscheinsatzes von der Zerstörung verschont.

Unvollendete Panzerringstraße um das Camp Reinsehlen bei Hansahlen 2019
Unvollendete Ringstraße um das Camp Reinsehlen bei Hansahlen / Höpen 2019

Die militärische Anlage vom Flugplatz Reinsehlen wurde mit verschiedenen Flakstellungen geschützt. Nordöstlich vom Hof Heinrich Tödter gab es eine Flugabwehrkanone und eine Scheinwerferstellung, vor dem Hof Schmidt und östlich von Gustav Tödter gab es je eine weitere Flakstellung. Bei Riebesell wurde eine Flugbeobachtung in den Kronen der Eichen installiert. Östlich der Heidebahn, beim Bahnhof Barrl, südlich des Flugplatzes (etwa 200m nordöstlich der Panzerwaschanlage) und auf dem Hügel am Beginn der Startbahn gab es weitere Flakbatterien. Hitlerjungen in Wehrmachtsuniformen bedienten die Geschütze (Quelle: Werner Köster, Die Geschichte des Camp Reinsehlen, Seite 16).

Luftbild Bahnhof Wintermoor am 23.12.1944, aufgenommen vom 140 Squadron RAF, Bild 4012, 140-1345, Crown Copyright
Luftbild Bahnhof Wintermoor am 23.12.1944, aufgenommen vom 140 Squadron RAF, Bild 4012, 140-1345, Crown Copyright

Zwischen dem 17. und 27.4.1945 rückten dann die britischen Streitkräfte auf dem Flugplatz vom Höpen her an. Sie konnten den Flugplatz kampflos einnehmen, auch wenn sie zuerst an einem deutschen Gefechtsstand bei Inselmanns Schafstall vorbei mussten.

Auf den Bauernhöfen wurden Kandadier und Briten teilweise monatelang einquartiert. Die Bauernfamilien Tödter, Tödter (Voßbarg 42) und vom Junkerhof sowie bei de Bruycker mussten in dieser Zeit woanders wohnen, durften ihre Höfe aber besuchen.

Die Munitionsvorräte auf dem Flugplatz wurden von den Briten gesprengt.

Nachbardörfer

Luftkampf über Schneverdingen

Das 7. Jagdgeschwader „Nowotny“ der deutschen Luftwaffe startete am 25.3.1945 in Parchim mit ihren Düsenjägern Typ Messerschmitt ME-262, um einen US-Bomberverband der 8th Air Force, 448th Bomb Group, 712th Bomb Squadron (stationiert in Seething, England) anzugreifen. Deren Ziel waren Treibstofflager und -fabriken bei Büchen und Hitzacker.

Werner Köster erinnert sich, dass damals „wie gewohnt hunderte amerikanische Bomber von Westen kommend Richtung Berlin über uns hinweg“ zogen (Köster 2002: 98). Plötzlich gab es dröhnende Motorengeräusche und starken Schusswechsel in der Luft.

Der deutsche Pilot und Feldwebel Fritz Taube verlor den Kontakt zu seinen Kameraden, stiess jedoch gegen 10:30 Uhr auf den Bomberverband über der Lüneburger Heide.

Fritz Taube
Fritz Taube

Taube griff einen B-24-Bomber (Seriennummer 42-50646) an. Dieser verlor einen Flügel und stürzte im Stadtzentrum von Schneverdingen (Schuhfabrik Fischer, alter Standort an der heutigen Bahnhofstraße 3) ab. Der mitgeführte Treibstoff verursachte einen Großbrand in Schneverdingen.

Taube wurde nun seinerseits von amerikanischen Begleitjägern des Typs „P-51 Mustang“ angegriffen. Nach kurzer Zeit wurde seine ME 262 schwer getroffen, explodierte und stürzte zwischen Insel und Wintermoor-Geversdorf in eine Weide beim Aueweg.

Fundteile der Messerschmidt bei Insel (Foto: Ole Uecker)
Fundteile der Messerschmidt bei Insel (Foto: Ole Uecker)

Der Pilot Taube lag tot in einem Kornfeld (Quelle: Werner Köster 2002, Die Geschichte des Camp Reinsehlen, Seite 11 und 98). Er wurde auf dem Friedhof in Schneverdingen beigesetzt.

B24-Crew unter Pilot Stalland
B24-Crew unter Pilot Stalland

Aus dem amerikanischen Bomber starben 9 US-Soldaten (Pilot Knute P. Stalland, John M. Heard, William C. Whitson, Roland T. Hauver, John S. McHugh, Frank E. Grogan, John M. Kropp, Oryn M. Blashe, Dale W. Overy, Joseph Parks). 3 Soldaten überlebten den Absturz, weil sie rechtzeitig abspringen konnten und kamen in Gefangenschaft (William C. Whitson, John S. McHugh, Bobbie C. Glass). Sie wurden am 23.4.1946 in die USA überführt (Wajemann 2019: 83).

Der Vorfall des Luftkampfes ist recht gut dokumentiert (Missing Air Crew Report #13548). Herr Koopmann aus Insel hat zusammen mit Stephen Decker, dem Enkel des getöteten Sergeant Kropp, viele diese Details zusammengetragen. Hier kann man auch etwas dazu lesen: https://www.geocaching.com/geocache/GC44BPP_luftkampf-uber-insel-am-25-03-1945?guid=68d1f86f-de0d-4e24-a016-73c57a67c2bf#

Stephen Decker_Böhme Zeitung_Artikel

Osterheide

Friedegard Schlüschen berichtete Heiner Wajemann von einer Begebenheit im April 1945 an der Straße Am Wald: etwa 100 bis 140 KZ-Häftlinge aus Bergen-Belsen waren zu Fuß auf den Weg nach Neuengamme („Todesmarsch“) und fanden Unterkunft für drei Tage in der Scheune am Walde. Sie wurden mit Pellkartoffeln verpflegt. 

Scheune Am Walde Kreuzung B3 Oktober 2021
Scheune Am Walde Kreuzung B3 Oktober 2021

Kurz darauf kamen 30 bis 40 Häftlinge aus Neuengamme wieder zurück. Auch sie wurden mit Lebensmitteln versorgt. Zwischen Heber und Barrl auf Höhe der späteren Panzerbrücke an der B3 errichteten sie dann mit bloßen Händen Sandbunker auf einer kleinen Anhöhe. Militärisch war das offenbar eine sinnlose Aktion, die dennoch 13 Menschen das Leben kostete. Englische Bomber flogen nämlich einen Angriff auf diesen Distrikt, obschon die KZler durch ihre gestreifte Kleidung eigentlich als Häftlinge erkennbar waren. Ein SS-Mann von der Wachmannschaft kam dabei ums Leben sowie eine ungewisse Zahl von KZ-Häftlingen. Ungewiss ist deren Anzahl deswegen, weil die Wachmannschaften schon vor dem Angriff einige Häftlinge erschossen hatten. 

Panzerbrücke zwischen Heber und Barrl an der B3 Blick nach Wulfsberg Oktober 2021
Panzerbrücke zwischen Heber und Barrl an der B3 Blick nach Wulfsberg Oktober 2021

Die überlebenden Häftlinge beerdigten die Toten mit bloßen Händen an einem kleinen Wall in Richtung Heber. Nach dem Krieg wurden diese Toten von Schneverdinger NS-Parteimitgliedern exhumiert und umgebettet.

Heber

Das britische 8. Panzeraufklärungs – Regiment sollte Soltau umfahren und einen Zugang zur Reichsstraße 3 suchen. Von dort aus sollte weiter nach Norden vorgegangen werden.  Am 17. April 1945 gegen 14 Uhr erreichten die ersten Panzer von Hemsen kommend Heber.

Einen Bericht zu den Kriegshandlungen in Heber hat Erich Bosselmann im Februar 1992 verfasst. Er ist online zu lesen unter: www.heber-nett.de/Archiv/ART004/index.html und hier als Screenshot verfügbar.

Wajemann erwähnt in seinem Buch (2019), dass in Heber zwei belgische SS-Männer erschossen wurden, die sich aus Bergen-Belsen abgesetzt hatten.

Heimbuch

Nordöstlich von Heimbuch gab es Kämpfe. Ein deutscher Panzer wurde dort getroffen, Augenzeugen berichten auch von zahlreichen Flugzeugtrümmern in diesem Bereich, die noch 1946 dort in der Landschaft lagen. Quelle: Bericht von Christa Grabbert, Seite 14.

Wilsede

Angeblich (Herr Soltau im Hamburger Abendblatt vom 10.8.1949) verdächtigten die anrückenden Briten, dass der Wilseder Berg eine Art Bunker sein könnte. So kam es dort zu einigen Bombenabwürfen u.a. am Wolfsgrund und Einschlägen von Panzergranaten. „Sinnlose“ Schießereien in Haverbeck und Wintermoor werden erwähnt, ferner ist in den Folgejahren dort von den Alliierten trainiert worden und es gab Schützenlöcher und Panzerfahrspuren über die höchste Erhebung unserer Region.

Insel

In Insel sind insgesamt drei Flieger abgestürzt:

Eine deutsche Messerschmitt ME-262 mit Pilot Fritz Taube (s. Luftkampf über Schneverdingen) am 25.3.1945. 

Gummifetzen des Bugrades der abgestürzten ME 262 - IMG_20191031_224335
Gummifetzen des Bugrades der abgestürzten ME 262 – IMG_20191031_224335

Im Sommer 1944 ist eine Fokke Wulf FW 190-A8 bei einem Übungsflug aufgrund eines technischen Defekts unweit von Reinsehlen, am Radweg Insel-Wesseloh, abgestürzt. Der brennende Motor wurde über die Straße geschleudert und setzte ein Waldstück in Brand (es wurde nicht wieder aufgeforstet und ist heute noch erkennbar). Der Pilot Unteroffizier Lorenz überlebte den Absturz mit einem gebrochenen Bein. Quelle: Köster (2002:12),  https://www.geocaching.com/geocache/GC4TT0D_schutzhutte-flugzeugabsturz-sommer-1944?guid=db4e4b7f-281c-4290-a471-18bb90ff53c8

Ein amerikanisches Jagdflugzeug Typ North American Mustang P-51 mit der Seriennummer 44-14626 und dem Spitznamen „Sweet Sue“.
Geflogen wurde sie von dem Piloten Leutnant Anthony G. Hawkins (0-706387), er wird als KIA (Killing in action) gemeldet. Er gehörte der 339ten Fighter Group der USAAF an. Abgestürzt ist sein Flugzeug am 31.12.1944 um ca. 12 Uhr am Hasweder Weg, beim Tierhotel Heidehof. Der Pilot lag laut Zeitzeugenaussage bäuchlings auf der Wiese neben der Absturzstelle und hatte einen Abdruck im Boden hinterlassen.

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Welle

Der Vormarsch der Briten ging dann von Wintermoor aus weiter nach Norden, über die Kreisgrenze hinweg nach Welle. Dort plante die Wehrmacht eine Verteidigungslinie direkt vor dem Ort: Der angelegte Panzergraben ist noch heute sichtbar, er befindet sich im 90°-Winkel zur B3, direkt vor dem Friedhof (auf Höhe Bushaltestelle Sportplatz).

Panzergraben bei Welle
Panzergraben bei Welle

Es kam jedoch nicht zu Kämpfen an dieser Linie. Das berichtet zumindest die Dorfchronik. Tatsächlich wurde jedoch auf dem Feld vor dem Friedhof, also nahe am Panzergraben, vor Kurzem (2020) eine detonierte Panzergranate der britischen Streitkräfte gefunden. Zum Spaß schiesst man so etwas sicher nicht ab. 

Panzergranate (deton. Zünder einer Britischen) bei Welle IMG_20200418_011639
Panzergranate (deton. Zünder einer Britischen) bei Welle IMG_20200418_011639

Absturz bei Wesseloh

Silvester 1944 ist ganz in der Nähe Wesselohs ein viermotoriger amerikanischer Bomber abgeschossen worden. Noch in der Luft ist er auseinandergebrochen. Teile der Maschine haben auf dem „Menkenberg“ gelegen, die Kanzel an der Schieler Kreuzung. Die toten Besatzungsmitglieder sind in einem Wäldchen in der Nähe des Kapellenweges vergraben worden. Nach dem Einrücken der englischen Truppen sollen sie auf den alliierten Freidhof zwischen Soltau und Bergen an der B3 umgebettet worden sein. Günter Röhrs hat diesen Absturz als kleiner Junge beobachtet. Er erzählte von einem wunderschönen Silvestertag mit blauem Himmel. Für ihn haben die abstürzenden Teile des Flugzeuges im Sonnenlicht wie „Lametta“ ausgesehen. (Info von Adolf Staack)

Nach dem Krieg

Die allierten Streitkräfte verboten in den ersten Tagen nach der Befreiung jede Straßenbenutzung. Aus diesem Grund musste das Ausweichkrankenhaus in Ehrhorn einen Notfriedhof im Wald anlegen, weil die verstorbenen Patienten (meistens Hamburger Bombenopfer) nicht zu unserem Friedhof gebracht werden konnten. Nach dem Krieg wurden die Toten umgebettet: Zivilisten nach Wintermoor, Soldaten und Kriegsgefangene zumeist auf verschiedene Friedhöfe.

Sonstiges

Starfighter und andere Flugzeuge in der Nachkriegszeit sind in Wintermoor nicht abgestürzt, jedoch wohl im Wittenmoor. Google hilft bei der Suche.

Die Geschichte, dass ein deutsches Jagdflugzeug mit Düsenantrieb oder ein amerikanischer Bomber in das Pietzmoor bei Schneverdingen abstürzte, stimmt beinahe: Im südlichen Pietzmoorteil (nicht weit vom Bohlenweg) ist am 31.12.1944 eine deutsche Fw 190 A-9 (WNr. 206 163) von Gefreiten Lothar Sattler (I./LG 301, 2. Staffel) aus unbekannten Grund abgestürzt. Zwei Tage später wurde er auf seinem Fallschirm sitzend tot an einem Baum lehnend gefunden. Er ist in Schneverdingen beerdigt.

In den 80er und 90er Jahren hatten wir viele Tiefflieger (oft Phantom-Düsenbomber der Luftwaffe) von Fliegerhorst Faßberg über unseren Köpfen. Nach Ende des Kalten Krieges hörte das auf und Ruhe kehrte ein.

 

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  1. Peter Lux sagt:

    Tatsächlich liegt im südl. Teil des Pietzmoores immer noch der Rumpf eines amerikanischen (?) Jabos, der zum Jahrewechsel 1944/45 abgestürzt war.
    Leitwerk und Teile der Tragflächen fielen dagegen auf die trockenen Heideflächen nahe dem Restaurant „Schäferhof“ .
    An der Einschlagstelle wurden in den 70er Jahren wiederholt Raubgrabungen durchgeführt und auch verschiedene Flugzeugteile gefunden.
    Heute gehört dieser Teil des Pietsmoores dem VNP. Der Bohlenweg führt dicht an der noch erkennbaren Einschlagstelle vorbei.

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