Straßen und Wege in der Vorzeit

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Altstraßen sind historische Wege des Landverkehrs, die vor den neuzeitlichen Chausseen entstanden sind. Sie dienten als Handelswege und Heerstraßen. Flüsse waren ebenfalls gerne genutzte Transportwege, standen aber in unserer Gegend nicht schiffbar zur Verfügung. Das war anders um Lüneburg herum mit der Ilmenau.

Ansichtskarte Weg von Wintermoor nach Wesel um 1910, interessant die Aufforstung links und rechts
Ansichtskarte Weg von Wintermoor nach Wesel um 1910, interessant die Aufforstung links und rechts
Heideweg Wintermoor-Schneverdingen, kolorierte Ansichtskarte um 1910-1921
Heideweg Wintermoor-Schneverdingen, kolorierte Ansichtskarte um 1910-1921

Manche Altstraßen waren aufwändig angelegt und sind bis heute an ihrem geraden Verlauf in ebener wie in welliger Topografie sowie Spuren von Kunstbauten in steilem Gelände zu erkennen. Dazu gehören die Römerstraßen. Ein großer Teil der Altstraßen jedoch wurde mit minimalem Aufwand gebahnt bzw. als unbefestigte Naturstraßen angelegt. Sie verliefen in bergigem, aber nicht alpinem Gelände meist entlang der Wasserscheiden, entweder auf dem Kamm oder hangparallel.

Große Teile der Altstraßen waren unbefestigte Naturwege, deren Verlauf sich nach der Geologie und der Topografie der Landschaften richtete, die zwischen wichtigen Quell- und Zielgebieten des Verkehrs zu durchqueren waren. Altstraßen verliefen vorzugsweise auf Wasserscheiden (Höhenrücken), namengebend für die Hohe Straße oder hangparallel in sanfter Hanglage in Höhe der Quellhorizonte (wegen der Tränkmöglichkeit für die Zugtiere, meist Ochsen; Pferde konnten vor der Einführung des Kumtgeschirrs keine schweren Lasten ziehen), Die Höhenwege hatten auch den Vorteil, dass sie insgesamt trockener waren als Wege im Tal.

Querschnitt

Wie sich aus systematischen Vergleichen heutiger Wegenetze und Straßennamen ablesen lässt, bestanden Altstraßen durchaus nicht nur aus einem Paar Wagenspuren. Je nach Bodenbeschaffenheit, Siedlungsdichte und Auflagen feudaler Grundherren konnte es mehrere parallele Wege geben, die zu verschiedenen Zeiten oder für verschiedene Zwecke benutzt wurden.

Der hessische Archivar und Historiker Georg Landau (1807–1865) unterschied zwischen

  1. öffentlichen Straßen und Heerstraßen,
  2. Land- oder Markwegen (Viae Convicinales),
  3. Kirchwegen (Viae Pastorales) und
  4. Notpfaden.

Öffentliche Straßen und Heerstraßen trugen viele unterschiedliche Bezeichnungen, die auf ihre Verwendung, ihre Lage oder auf ihr Umfeld schließen lassen. Dies waren:

  • Königs- oder Reichsstraßen (Via Regia),
  • öffentliche Straßen (zum Beispiel die Via Publica),
  • Heerwege (nach strategischen Gesichtspunkten angelegt),
  • Hellwege (Weg zum Salztransport),
  • Diet- oder Volkswege,
  • Land- oder Bergstraßen,
  • hohe Straßen,

Die Namen dürfen nicht überbewertet werden. Auf Straßen, die nach einem Handelsgut benannt sind, wurden auch andere Waren transportiert. Heerwege dienten auch als Handelswege und umgekehrt. Bezeichnenderweise heißt die einzige von der Elbe nach Jütland durchlaufende Altstraße (rechts und links davon gab es zu viele Feuchtgebiete), die übrigens nur selten zu Kriegszügen verwendet wurde, auf Deutsch Ochsenweg (Handelsgut) und auf Dänisch Hærvej, also Heerweg.

Geschichte der Altstraßen

Bis in die Zeit der Antike lässt sich die Entstehung mancher Altstraßen in damals von Kelten und Germanen bewohnten Ländern zurückverfolgen. Gehandelt wurden vor allem Salz, Luxusgüter aus dem Mittelmeerraum, Bernstein und auch Sklaven. Schon in der vorantiken Bronzezeit muss es nennenswerten Fernhandel gegeben haben. […] Die Karolinger dehnten das Frankenreich auf Gebiete aus, die nicht durch Römerstraßen erschlossen waren. Sie nutzten unbefestigte Wege als Heerstraßen und sicherten diese durch Burgen. Es wurden Klöster an Kreuzungspunkten gebaut. […] Im Hochmittelalter wurden entlang der Handelsstraßen neue Städte gegründet, oft im Schutz einer Burg oder in der Nähe eines Klosters.

Der Chausseebau und damit einhergehend die Entwicklung eines modernen Straßennetzes begannen in der Mitte des 17. Jahrhunderts, bei uns sogar noch später. Viele Altwege verloren danach ihre Bedeutung und wurden nur noch lokal genutzt.

Gekürzt aus dem Wikipedia Artikel zu Altstraßen unter https://de.wikipedia.org/wiki/Altstra%C3%9Fe entnommen.


Walter Gröll beschreibt die „Historischen Wege im Naturpark Lüneburger Heide“ in den VNP-Heften Naturschutz- und Naturparke 108, 110 und 111 (alle 1983). Er bezieht sich stark auf die Karte der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1770 bis 1776 (Blatt 71 Wilsede und 76 Bispingen), Wintermoor-Geversdorf läge auf Blatt 29 (Lauenbrück). Hügelgräber aus der Steinzeit sind seinerzeit wohl bevorzugt an Wegen angelegt worden (nach W.-D. Tempel und W.-D. Asmus).

Folgende Wege führten seit alten Zeiten durch die Region Wintermoor:

Stichtweg von Wehlen in das Gebiet des Stiftes Verden entlang der Grenze des Fürstentums Lüneburgs (volkstümlich Sticht genannt, z.B. „ich gehe ins Sticht“ für ich gehe nach Lüneburg). Von Wehlen aus den Wittenweg nach Süden folgend ist nach etwa 750 Metern eine Gabelung, links geht der Wittenweg zum Bahnhof Wintermoor, rechts führt der Stichtweg an der heutigen Grenze zwischen LK Harburg und LK Heidekreis bis zur Wümmebrücke am Hauenstein. Der Name der heutigen Wohnstraße Stichstraße, welche von der B3 nach Osten abzweigt, bezieht sich auf diesen historischen Weg. Der Stichtweg ist auf der Kurhannoverschen Landesaufnahme verzeichnet, ebenso die Langen Berge.

Der Puterweg zwischen Barrl und Hanstedt, von Schneverdingen über Winsen/L. zur Fähre nach Hoopte ist heute eine breite Waldschneise. Hier wurden „vor hundert Jahren“ im August und September die Puter zur Mast in die Vierlande getrieben. Ab Jagen 206 heißt er Heimbucher Weg und führt am Forsthaus Heimbuch und Ehrhorn vorbei nach Barrl.

Zwischen Niederhaverbeck und Schneverdingen (nördlich der Haverbecke) und von Niederhaverbeck nach Wilsede. Dazu aus: VNP-Schriften 4 –Niederhaverbeck 2013, Seite 163: „Einen guten Einblick in dieses Thema gibt die Untersuchung von GRÖLL (1983). In West-Ost-Richtung verläuft eine alte Fernstraße, die nach SCHARENBERG (1994) von Groningen über Bremen nach Lüneburg und weiter bis Danzig führte. Sie durchquerte unser Gebiet von Schneverdingen kommend in Höhe der Ortschaften Haverbeck und Döhle. Nach GRÖLL (1983) wird dieser Weg 1535 erstmals erwähnt. Alte Spuren sind im Wald bei Sellhorn erhalten geblieben. Auch eine heute noch vorhandene Brücke aus behauenen Findlingen östlich von Niederhaverbeck (Abb. 5) weist auf diesen Weg hin (GRÖLL 1996, GRÜNHAGEN 2007/08).“

Dazu passt die Verbindung West-Ost über Schneverdingen – Oberhaverbeck – Döhle – Lüneburg aus der Alstraßenforschung. Der genaue Wegverlauf ist laut www.viabundus.eu nicht genau bekannt. Aber es gibt Hinweise, dass diese Wegführung womöglich über Niederhaverbeck lief. Vielleicht auch einfach nach Jahreszeit, wann welche Wege besser passierbar waren? Hier eine Karte dazu:

Altstrassen bei Oberhaverbeck
Altstrassen bei Oberhaverbeck

Die Landstraße von Bispingen über Ober- und Niederhaverbeck nach Wintermoor endete der Karte von 1776 nach bei Ehrhorn. Kurz davor, bei Einem, gab es einen Übernachtungsplatz für Pulverwagen (abseits des Dorfes) an der uralten Fuhrmannsbuche – das muss also nach 1847 gewesen sein. Die Fuhrmannsbuche war so groß und stand ganz alleine auf der Heide, dass man sie nach Haumeisters Wieckhorst Aussage schon von Wesseloh (ca. 10 km Luftlinie, der Archivar) aus gesehen hatte. Die heutige Landstraße L211 Behringer Straße wurde dann ja doch von Ehrhorn nach Wintermoor verlängert. Nördlich der Straße sind einige Waldwege (insbesondere die nicht rechtwinkligen) schon älter.

Von Einem nach Undeloh aus Wilsede kommend, als „Bey-Weg“ für Postkutschen ausgewiesen (allerdings nicht über Barrl, sondern über Oberhaverbeck und Scharrl). Zwischen Einem und Wilsede verlief der Weg früher etwas anders bis zum Jagen 142.

Der Soltauer Weg von Barrl nach Süden liegt dort, wo heute die B3 verläuft. Nördlich von Barrl wurde der Weg erst 1791 in Betrieb genommen. Der Name Napoleonchaussee ist eigentlich falsch, zweigt die echte Napoleon-Ch. doch in Welle ab in Richtung Rotenburg. Die Soltauer Straße (B3 von Welle südlich gesehen) hatte einen Vorläuferweg, der von Harburg über Buchholz und Handeloh lief und die Wümme etwa 1km östlich von Barrl querte, durch den Heidegrund zog und dann über Bockheber nach Heber in Richtung Soltau ging. Die äußerst breite Waldschneise im Jagen 410 bei Ehrhorn und dem Wegpunkt 73,8 zeugt noch heute von diesem alten Postweg.


„Ein Blick in die Straßenkarte www.viabundus.eu zeigt eine Fernstraße, die von Harburg nach Süden über Sahrendorf bis Hützel verläuft. Sie liegt damit rund zehn Kilometer östlich von Nieder/Oberhaverbeck. Hierfür gibt es einen Anhaltspunkt in der Forschungsliteratur: „Die Benutzung der Landstraßen von Harburg und Winsen südwärts, Lüneburg umgehend, war den Lüneburger Stapelprivilegien aus 1392 gemäß für den Warentransport untersagt sowie ab 1467 für die Viehtrift. Es war jedoch für die Stadt nicht immer möglich, diesen Straßenzwang auch durchzusetzen.“ (Peters, Arnold, „Die Entstehung des Lüneburger Stapels“, Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 11 (1934), 59-92, hier insb. S. 84f.)

Deutlich südlich über Bispingen verläuft eine weitere Fernstraße: „Die nördliche Route zwischen Lüneburg und Soltau über Soderstorf und Hützel entwickelte sich im späten 15. oder 16. Jh. für den schweren Frachtverkehr. Sie war später als Fracht- und Postweg bekannt.“ (Ploetz, Bruno, Überlandfernverkehr im Gebiet des Fürstentums Lüneburg, Lüneburger Blätter 11/12 (1961), 67-148, hier insb. S. 104f.).

Eine Route zwischen Döhle und Schneverdingen, vermutlich mit einer Anbindung Haverbecks, ist bei viabundus mit unsicherem Verlauf gekennzeichnet. Dies beruht auf Bruns, Weczercka, Hansische Handelsstraßen, Textband, S. 257f.: „Auch nach dem um 1560 angelegten Danziger Kontorbuch des Jakob Stöve ging der Weg von Bremen nach Lüneburg über Langwedel, Visselhövede und Döhle. 1535 wurde zu Bremen ein Fuhrmann entlohnt ‚vor de kysten unde tuch, welck unße heren mede na Luneborch gehaed hadde, dat he dat an den Langwedell wente her gefort hadde‘.  Auf dieser Grundlage läßt sich der Straßenzug westlich von Döhle aus der Topographischen Landesaufnahme des Kurfürstentums Hannover von 1764-86 folgendermaßen ablesen: Döhle-Ob. Haverbeck-Schneverdingen-Neuenkirchen – Drügenbostel-Visselhövede-Nindorf-Jeddingen-Dreeßel-Gr. und Kl. Sehlingen-Kreepen-Langwedel; …

Ein Richtweg verband Schneverdingen über die alte erzbischöflich-bremische Feste und Residenz Holenburg und das als Station zwischen Hamburg und Bremen genannte Ottersberg; denn im Juni 1613 reiste Dr. Nordanus über Lüneburg, Haverbeck, Schneverdingen, Rotenburg, Ottersberg, Achim und Bremen nach den Niederlanden.““

Hinweis von Dr. Niels Petersen, Institut für Historische Landesforschung der Universität Göttingen


Bruns, Friedrich und Hugo Weczerka schreiben in ihrem zweibändigen Werk „Hansische Handelsstraßen“ (Textband, Köln; Graz, 1967) die einzelnen Wegstrecken genauer und wurden für das Viabundus-Projekt herangezogen. Auszug aus dem Textband HIER als PDF-Datei.

Die „herstrasse von den sieben Soden“ führte demnach zwischen Lüneburg nach Bremen über Döhle und Schneverdingen, aber auch über Haverbeck. Soden bezieht sich womöglich auf die Quellgebiete der Aue, Seeve, Este und Wümme (lt. Fußnote, S. 257). Es gibt nur wenige Routenbeschreibungen aus dieser Zeit, weshalb sich die Autoren auf die Übernachtungen von Lübecker Gesandten auf dem Weg in die Niederlande zwischen 1551 und 1616 beziehen mussten. Dort wurde bei 7 Reisen 5 mal über Schneverdingen gereist, einmal über (Ober?)Haverbeck und einmal über Neuenkirchen (S. 258). Ein Richtweg verband Schneverdingen mit Rotenburg weiter nach Ottersberg, bei Schneverdingen westwärts über Zahrensen und Lünzen, dann südlich vom Lohmoor weiter nach Hemslingen, Brockel, Wensebrock und Gr. Sottrum. Von Ottersberg dann auf der Hamburg-Zevener Straße nach Bremen. (S. 259).

Die Este-Quelle wird auch in einer anderen Wegerelation erwähnt. Damit sind Vermutungen erlaubt, dass diese alten Handelswege zumindest auch durch Wintermoor verliefen und nicht direkt von Schneverdingen (über den Spitzbubenweg?) nach Oberhaverbeck. Örtlich gibt es auch Hinweise auf Altstraßen in Niederhaverbeck, was dann sinnvoll wäre. Ob die Wümme nun am Hauenstein oder aber am Postweg bei Wesseloh (oder gar noch weiter westlich, wie bei Karl dem Großen) gequert wurde, ist weiterhin fraglich. Vielleicht wurde die Wümme ja auch an beiden Fuhrten / Querungen überschritten: Straßen waren früher nicht so festgelegt wie heutige Asphaltstraßen.


Hinweis: Der Postweg von Harburg nach Bremen wird im Beitrag POSTWEG beschrieben. Kleinere Wege (zB der Spitzbubenweg) werden im Beitrag POSTBOTENWEGE beschreiben. Interessant auch die Geschichte der Bundesstraße 3.