Barrl-Neubauer, Familie Riebesell, Barrl 13

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Wilhelm Thömen veröffentlichte den Beitrag zu Barrl in drei Teilen unter der Überschrift „Alte Ortschaften und Höfe im Kirchspiel Schneverdingen“ in „Der Niedersachse„, Ausgabe 17 und 18/1990.

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Zwischen den großen Vollhöfen Barrl und Reinsehlen wurde im Jahre 1809 vom Häusling Hans Jochen Riebesell und seiner Ehefrau Grete Ilse die Neubauerstelle Reinsehlen Nr. 3 (jetzt Barrl 13) gegründet. Sie hat sich seit nunmehr 180 Jahren in der männlichen Linie der Gründerfamilie vererbt, und der heutige Eigentümer Ernst August wird wie seine Vorfahren „Barrl-Neubauer“ genannt.

Der Vater des Gründers der Neubauerstelle, Otto Riebesell, war im Jahre 1727 als jüngerer Sohn des Barrl-Bauern geboren, er wohnte als Häusling und Imker auf dem Hof seines Bruders. er wurde bekannt durch die Erlegung des letzten Wolfes auf dem Gebiet des Barrlhofes, auf dessen Abschuß nach erheblichen Schäden an Weidetieren von der Regierung zu Stade am 20. September 1763 eine Prämie von 50 Reichstalern ausgesetzt war. Der Imker hatte seine Flinte vor dem Schuß nur mit Schrot geladen. Weil er befürchtete, den Wolf damit nicht tödlich zu treffen, schnitt er von seiner Jacke zwei kugelförmige „prinzbetahlte“ Knöpfe (Neusilber aus Prince-Metall) ab und schoß dem aufgescheuchten Wolf diese Ladung ins Kreuz. Als bei der Ablieferung des Wolfes in Rotenburg anwesende Förster diese unwaidmännische Erlegung bemängelten, sagte der Amtmann ärgerlich: „Einerlei meine Herren, der Mann hat seine Sache gut gemacht, denn das Beest ist tot! Schießen Sie meinetwegen soviel Wölfe aufs Blatt, wie Sie wollen“. Otto R. erhielt die als Preis ausgesetzten 50 Rtlr., eine in der damaligen Zeit beträchtliche Summe.

Die Gründung der Neubauerstelle ist wohl mit Sicherheit vom Barrlbauern unterstützt worden. Wahrscheinlich hatte Otto Riebesell aus dem um diese Zeit schon wohlhabenden Hof eine gute Abfindung bekommen, so daß seinem Sohn bereits ein ausreichendes Startkapital zur Verfügung stand. Auch ist anzunehmen, daß der Häusling und Imker schon Flächen urbar gemacht hatte, die aus dem großen Barrlhof und in den großen Gemeinheitsflächen zwischen Barrl und Reinsehlen reichlich zur Verfügung standen.

Der Standort der neuen Stelle war nur einige hundert Meter vom Grenzbach Wümme entfernt. Über Jahrhunderte hinweg war die Wümme die Grenze zwischen den Herzogtümern (früher Bistümer) Bremen – Verden und dem Fürstentum Lüneburg gewesen. Seit dem Kauf der beiden Herzogtümer von den Schweden, die hier rund 70 Jahre nach dem dreißigjährigen Kriege herrschten, wurde der Kurfürst von Hannover, der inzwischen auch König von England geworden war, Landesherr. Auch jetzt blieb die Wümme hier Grenzfluß zwischen dem Amt Rotenburg in der Landdrostei Stade und dem nordöstlich der Wümme gelegenen Amt Winsen an der Luhe im Lüneburgischen. Als dann in der Franzosenzeit die große Chaussee von Celle nach Harburg, die bereits von der hannoverschen Verwaltung geplant war, fertiggestellt wurde, siedelten sich im näheren Bereich der Chaussee nördlich der Wümme Kolonisten an. Wegen der Zugehörigkeit zum Amt Winsen/L. kam es dann zur Gründung der Ortschaft Wintermoor an der Chaussee (Gemeinde Ehrhorn). Sicher hätte es nahegelegen, zusammen mit der noch jungen Ortschaft Wintermoor-Geversdorf eine Gemeinde Wintermoor zu gründen. Dem stand aber wohl die alte Landesgrenze, die immer noch die Ämter Rotenburg/W. und Winsen/L. trennte, entgegen.

Wenngleich sich aus der Neugründung die wahrscheinlich mit zeitweilig über 400 Morgen Grundbesitz größte Neubauerstelle des Kirchspiels entwicklete, wie wir noch sehen werden, so reicht natürlich ihre Hofgeschichte nicht so weit zurück, wie die der benachbarten Voll- und Halbhöfe. Dafür haben aber die Barrl-Neubauern ein so umfangreiches Familienarchiv aufgebaut und Urkunden und UNterlagen so sorgsam aufgehoben, wie es nur ganz wenigen Höfen gelungen ist.

Die wohl älteste Urkunde im Hause Riebesell ist eine „Ehestiftung vom 4. Januar 1804 errichtet vor dem Amtsvogt Baring in Schneverdingen zwischen dem Junggesellen Hans-Jochen Riebesehl, weiland Häuslings Otto Riebesehl zu Barrl nachgelassenem ältesten Sohn als Bräutigam und des verstorbenen Häuslings Hans Hinrich Eisenberg zu Wesel hinterbliebene Witwe Grete Ilse, geb. Meier als Braut.“

Es heißt in der Urkunde u.a.: “ Verlobte wohnen als Häuslinge auf dem Hofe Barrl (die Neubauerstelle wurde erst vier Jahre später gegründet).

Der Bräutigam verschreibt seiner Braut sein gesamtes für sich erworbenes und ihm künftig noch zufallendes Vermögen. Die Braut, welche eine Tochter erster Ehe namens Grete Dorothee am Leben hat, bringt dem Bräutigam ihr Vermögen insofern es den Rechten besagten Kindes unbeschadet geschehen kann, zu. Falls Verlobte aber ihre Kinder überleben, gilt unter ihnen die landesübliche Regel: Längst Leib, längst Gut. Der Bräutigam, welcher sich bei seiner verwitweten Mutter bisher ledig aufgehalten, bleibt auch ferner mit seiner Frau und Kindern bei ihr. Sie wirtschaften nach wie vor gemeinschaftlich, die Mutter behält sich die Disposition über ihr Vermögen vor, solange sie lebt, nach ihrem Tode fällt aber alles den jungen Leuten zu. Bruden und Schwager, welche sich für sich und die übrigen Otto Riebesehl’schen Kindern – ihre Ehefrauen und Schwestern – völlig abgefunden erklärten, verbürgen sich für deren und der Mutter Einwilligung und Entsagung aller ferneren Ansprüche mit ihrem Vermögen.“

Die Ehestiftung wurde einige Tage später vom Amt Rotenburg bestätigt. Die Mutter Clara Riebesehl ist im Jahre 1809 mit in das neuerbaute Haus beim Barrl Haus Nr. 3 gezogen und dort am 25. April 1816 gestorben.

In der Ehe wurden in den Jahren 1804 und 1807 die beiden Töchter Marie und Anna Catrina in Barrl geboren. Der Geburtstag des Anerben Johann war der 15. November 1810; er und seine drei Brüder Gerhard, Johann Hinrich und Johann Christoph erblickten in den Jahren 1814, 1817 und 1819 bereits in dem neuen eigenen Anwesen das Licht der Welt.

Barrl 13, erbaut 1809
Barrl 13, erbaut 1809

Nach einem Flächenverzeichnis des beeidigten Geometers Cordes vom 2. April 1824 waren die eigenen Wiesen- und Ackerflächen des Hans Joachim Riebesell bey Barrl mit 14 Morgen und 63 Quadratruten noch recht bescheiden. Seiner Arbeitsfreude und seinem gesunden Streben voranzukommen waren aber kaum Grenzen gesetzt. Rund um seinen Hof lagen die riesigen Heide- und Angerflächen der Gemeinheit zwischen dem Barrlhof und Reinsehlen und nordwestlich das große Wintermoor. Seine Schafherde brauchte nicht weit getrieben zu werden und die Bienen flogen ohnehin „so weit die braune Heide reicht“. Ohne Hemmungen machte Hans Jochen weitere Flächen urbar.

Nun merkten aber siene großen Nachbarn allmählich: „ein Mann will nach oben“, und ihr anfängliches Wohlwollen für den Anfänger schwand schnell dahin. Seine Verwandten im Barrlhof und der Vollhöfner Tödter in Reinsehlen protestierten zu Beginn der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts nachhaltig gegen seine Neukultivierungen und die dauernde Vermehrung seines Viehbestandes. Sie pochten darauf, daß die Gemeinheit zwischen Barrl und Reinsehlen bisher ausschließlich von ihren beiden Höfen genutzt worden sei. Wenn dem „Beibauern“ in der Franzosenzeit, als sie unter der Mairie Lauenbrück gestanden hätten, mit ihrer Duldung gestattet wäre, sich in der Gemeinheit niederzulassen, so ständen ihm keineswegs und ohne Bezahlung solche Ausbreitungsrechte zu, wie er sie sich anmaße. Weil der Neubauer nicht einlenkte, kam es zu Prozessen mit daraus noch vorhandenen umfangreichen Klageschriften wegen „widerrechtlicher Anmaßung in Benutzung der Gemeinheit“. Riebesell mußte dabei dem Gericht in Rotenburg auch seinen Meierbrief vom 15. Januar 1810 „zum Nachweis seiner Qualität als Neubauer“ einreichen, der dann höchstwahrscheinlich bei den Gerichtsakten verblieb.

Der Prozeß zog sich lange hin und wurde auch entsprechend kostspielig. Die beiden Advokaten von Ramdohr für die Kläger und Dr. v. d. Horst für den Neubauer setzten eine Unmenge Schriftsätze auf und melkten die Kühe und Schafe, um die es ging, mit großer Ausdauer. Bei Bedarf wurde aus dem Beklagten ein Gegenkläger.

Der gut vertretene Neubauer gewann dabei beachtlich an Boden und wurde in den vielen Terminen beim Rotenburger Amtsgericht keineswegs verurteilt. In der Niederschrift des Amtsgerichts über den Termin vom 17. November 1824, zu dem alle drei Interessenten sämtlich in Person erschienen waren, heißt es u.a.: „Nach langwierigen Verhandlungen kam jedoch eine Übereinkunft unter beiden Teilen dahin zustande, daß die sämtlichen drei Prozeße einstweilen ruhen bleiben und hingegen ein Spezial-Teilungs-Verfahren eingeleitet werden solle, wobei sich jedoch im Fall die Spezial-Teilung nicht zustande kommen würde, beide Teile die Fortsetzung der Prozesse ausdrücklich vorbehielten. Hiernächst bemerkten Komparenten, daß die Grenze des spezial zu teilenden Reviers gegen das Wintermoor nicht völlig endgültig sei und daher mit den Intereßenten des Wintermoores zuvörderst noch reguliert werden müsse, wozu folgende gehörten a) aus dem Amte Rotenburg: 1. Wintermoor, 2. Hansahlen, 3. Höpen, 4. Reinsehlen, 5. Barrl b) aus dem Amte Winsen an der Luhe: 6. Ein (Einem), 7. Ehrhorn, 8. Wehlingen (Wehlen). Schließlich erneuerten die Parteien ihren Antrag, daß Königliche Landdrostey geruhen möge, dem unterzeichneten Amtsassessor und dem Kommissions-Assistenten König den bestehenden Auftrag zur Ausführung der beabsichtigten Spezial-Teilung zu erteilen.“ Es dauerte viele Jahre bis zur endgültigen Teilung. In der Zwischenzeit waren Wege-Streitigkeiten zu regeln, Vorldungstermine für die Beteiligten festzusetze u.s.w.

Erst am 9. Dezember 1835 wurde der von der Teilungs-Commission aufgestellte Rezeß vom Neubauern Joh. Joachim Riebesel und vom Vollhöfner Riebesel zu Barrl für seinen eigenen Besitz dem Barrlhof und zugleich als Administrator für den Tödter’schen Hof in Reinsehlen (der nach den folgenden Niederschriften damals in Konkurs geraten sein soll) in Rotenburg vollzogen. Die Königl. Landdrostey in Stade bestätigte sodann am 31. Dezember 1835 unter Festsetzung eines Rottzinses von 2 Rtlr. – 17 Groschen den Teilungsrezeß.

Der im Original vorhandene Rezeß ist 24 Seiten stark und gibt erschöpfend Auskunft über die Lage und Beschaffenheit der Teilungsflächen. Wie auch in anderen Fällen, bekommt man den Eindruck, daß der Teilung sehr sorgsame Prüfungen und Anhörungen vorausgegangen sind und sie keineswegs am grünen Tisch entschieden wurde. Zwar wurde der Neubauerstelle als einem Sechstel Hof nur 1/13 der Flächen und den beiden Vollhöfner, je 6/13 zugesprochen. Man war aber sorgsam bemüht, durch Arrondierung der vorhandenen eigenen Flächen vernünftige Grenzziehungen vorzunehmen. Auch wurde dem Neubauern ausreichende Wege zugeteilt. Der Kirchweg wurde mit einer ausreichend breiten Trift zur Osterheide (der Hauptgemeinheit, die zuletzt aufgeteilt wurde) verbunden. Eine weitere Trift zur großen Chaussee – zugleich als Mühlenweg für den Barrlbauern – und eine dritte zur Viehtränke an der Wümme wurden dem Neubauern zugestanden. Die mehr als 500 Morgen große Gemeinheit hatte ja über Jahrhunderte hinweg den beiden Vollhöfen allein zugstanden. Man schlug der Teilungsfläche auch die sogenannte „Leegen-Wisch„, eine ursprünglich private Besitzung des Barrl-Bauern zu, so daß insgesamt 541 Morgen und 103 Quadratruten, gleich 32 1/2 Kuhweiden mit 269 Morgen und 97 Quadratruten gleich 16,58 Kuhweiden an den Barrlhof; 224 Morgen und 17 Quadratruthen gleich 12,48 Kuhweiden an Tödter, Reinsehlen und 47 Morgen und 109 Quadratruthen gleich 3,43 Kuhweiden an den Neubauern zugeteilt wurden.

In der damaligen Zeit waren die heutigen großen Waldbestände östlich der Harburger Chaussee (jetzt B 3) noch nicht vorhanden. Erst 1870, nach de mErwerb der Ehrhorner Höfe und großer Flächen von Schneverdinger Eigentümern begann der Fiskus mit der Aufforstung.

Nachdem die Aufteilung der 541 Morgen großen Gemeinheit zwischen Barrl und Reinsehlen im Jahre 1835 zur Durchführung gelangt war, wurde die Aufteilung des Wintermoores in Angriff genommen.

Es handelte sich dabei um nicht weniger als 3047 Morgen im Gebiet des Amtes Rotenburg bzw. des 1852 gegründeten Amtes Schneverdingen. Ungefähr zur gleichen Zeit liefen auch die Teilungsarbeiten für die im Gebiet des Amtes Winsen/L. gelegenen Flächen, wobei sich die Behörden bei Bedarf Amtshilfe leisteten. Nicht weniger als 25 Interessenten mußten bei der Aufteilung berücksichtigt werden, davon 8 in der Dorfschaft, 3 in der Dorfschaft Reinsehlen, 1 der Vollhöfner Inselmann in Höpen, 1 der Vollhöfner Riebesell zu Barrl, 11 Neubauern zu Wintermoor, 1 die inzw. neugegründete Schule in Wintermoor, der 40 Morgen aus der Gemeinheit zugeteilt wurden. Eine vernünftige Lösung, die keinem wehtat und dem künftigen Schulmeister genügend Betätigungsmöglichkeit für seine Freizeit verschaffte.

Die Teilung zog sich über viele Jahre hin, mit Vorladungen bzw. Ortsterminen für die Kommission und die Beteiligten. Wohl als einziger hat der Barrl-Neubauer (er wurde jetzt unter der Hausnummer 3 in Reinsehlen mitgezählt) nicht weniger als 20 Urkunden und Schriftsätze aus dieser Zeit aufgewahrt und der Nachwelt erhalten.

Bei der Aufteilung legte die Kommission drei Grundsätze zugrunde: I. Ein gleich großer Flächenanteil von je 40 Morgen für jeden der 25 Beteiligten (einschl. der Schule). II. Das zweite Drittel nach dem gezählten Viehbestande. Hierzu nahm der Amtsvogt Griffel in Schneverdingen am 10. Juni 1851 eine Viehbestands-Zählung vor. III. Das letzte Drittel nach dem vorhandenen Acker- und Wiesenbesitz lt. Grundsteuerrolle.

Es erhielten sodann nach einem Verteilungsvorschlag der Kommission vom 9. November 1853: die 8 Hansahlener Interessenten 796 Morgen und 113 Quadratruten, der Vollh. Peter Inselmann, Höpen 294 Morgen und 40 Quadratruten, die beiden Reinsehlener Bauern 548 Morgen und 84 Quadratruten, der Neubauer in Reinsehlen Nr. 3 87 Morgen und 70 Quadratruten, der Vollhofner Riebesell zu Barrl 290 Morgen und 37 Quadratruten, die 11 Neubauern in Wintermoor 981 Morgen und 100 Quadratruten, die Schule in Wintermoor 40 Morgen.

Für die Aufbringung der Kosten legte man ein sogenanntes Simplum (Steuereinheit) von 6 Rtlr. für jeden Vollhöfner, 4 Rtlr. für jeden Halbhöfner, 2 Rtlr. für jeden Pflugkötner und 1,5 für jeden Brinkkötner und Neubauern zugrunde. Zum Herbst 1852 waren lt. Verfügung des Amtsvogts Griffel in Schneverdingen je 1,5 Simplis als 1. Aufbringung fällig.

Generalteilung der Osterheide
Wenige Jahre nach der Teilung des Wintermoores waren auch die langjährigen Vorbereitungen zur Aufteilung der größten Gemeinheit Osterheide mit überwiegenden Schneverdinger Interessenten beendet.

Es handelte sich um nicht weniger als 14390 Morgen, die bisher von den umliegenden Ortschaften und Höfen als Viehweide (insbes. für die Schafherden) und für den Plaggenbetrieb genutzt wurden. Nach einer vorläufigen Auseinandersetzungsberechnung des auch bei der Verkoppelung maßgeblich tätigen Geometers Wolf vom 24. Juni 1854 war für den Neubauer Riebesell zu Barrl eine Zuteilung von 123 Morgen und 6 Quadratruten vorgesehen. Seine Nachbarn, die Vollhöfner in Barrl und Reinsehlen sollten 535 und 613 Morgen, der Höpenbauer 493 Morgen und die Hansahlener zusammen rund 1402 Morgen. Der Hauptanteil war mit 6552 Morgen für die Schneverdinger Interessenten in Aussicht genommen.

Aus dem Jahre 1856 liegt auch noch eine vom Amtsgehilfen Griffel angefertigte Aufstellung über die Vergabe der Herstellung von Wegen im Bezirk Reinsehlen/Barrl vor. Besonders Häuslinge aus Insel, Reinsehlen und Wintermoor fanden als Mindestfordernde Arbeit bei diesen Wegearbeiten. Insgesamt waren 222 Rtlr. dafür zu zahlen.

Über die Verkoppelung sind im Hausarchiv keine Unterlagen vorhanden. Mit großer Wahrscheinlichkeit bestand für den Neubauern und auch für den Hof Barrl kein Bedarf für eine Flurbereinigung mehr.

Vor der Aufteilung des Wintermoores und der Osterheide hatte es auch Rechtsstreitigkeiten wegen Weiderechten am Grenzbach Wümme, nordöstlich von der Neubauerstelle, gegeben. Der Neubauer, der ja schon ähnliche Fehden mannhaft bestanden hatte, war beim Hüten seiner nicht kleinen Schafherde keineswegs ängstlich, und der Grenzbach war hier an seinem Oberlauf, wenn er überhaupt Wasser hatte, kein Hindernis für seine Schafe.

Nun hatte sich der Anbauer und Chausseeaufseher Heinr. Voigt zu Wintermoor, aufgestachelt von einwohnern in Ehrhorn und Einem, erdreistet, aus der Herde des Neubauern von ca. 160 Schafen ein Schaf zu pfänden, als sich die Herde auf der Nordostseite der Wümme – also im Amte Winsen – befand.

Vorher war er selbst von den Barrler Eingesessenen beim Plaggenhieb südlich der Wümme behindert worden. Neubauer Riebesell klagte beim Amt Winsen/L. auf Herausgabe des Schafes und behauptete u.a.: „An beiden Seiten der Wümme stehe der aus dem Vollhöfner Riebesell und ihm dem Kläger bestehenden Dorfschaft Barrl die Hude und Weide mit den Schafen zu und sei solche seit lang u. unvordenklichen Jahren fortwährend öffentlich und ungestört ausgeübt.“

Der Beklagte sagte u.a.: „Wenn er als Anbauer zu Ehrhorn im Juli des Jahres im Wintermoor jenseits der Wümme im Amte Rotenburg Plaggen gehauen und daran von den Eingesessenen zu Barrl behindert sei und zwar mit dem Anführen, daß sie einen Anbauer aus Ehrhorn dort nicht dulden würden, so hätten die diesseitigen Interessenten, die Eingesessenen zu Ehrhorn und die beiden Eingesessenen zu Einem erklärt, auch keinen Anbauer aus Barrl auf dieser Seite der Wümme dulden zu wollen. Er bitte um Zurückweisung der Klage.“ Einen Güteversich lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, „daß er dem Auftrage seiner Kommittenten Folge zu leisten nicht umhin könne“.

Zwei Monate später verurteilte das Amt Winsen/L. am 3. November 1835 den Beklagten zur Herausgabe des gepfändeten Schafes und zur Tragung der dem Kläger entstandenen Kosten – jedoch mit Regreßmöglichkeit gegen seinen Mandanten. Ferner wurde dem Beklagten jedwede Störung des Klägers in Ausübung der Schafhude auf dem diesseits der Wümme belegenen Distrikte des Wintermoores bei 2 Rtlr. Straf untersagt. Es bliebe ihm jedoch unbenommen, seine vermeintlichen Berchtigungen auf dem jenseits der Wümme belegenen Teil des Wintermoores im administrativen oder gerichtlichen Wege geltend zu machen. – Die entstandenen Kosten standen sann in keinem Verhältnis zum Wert des gepfändeten Schafes.

Inzwischen war auf dem Neubauernhofe ein Generationswechsel eingetreten. Dem verdienstvollen Gründer der Stelle, Hans-Jochen, war sein Sohn Johann Hoachim (1810 bis 1866) gefolgt, der genauso mannhaft seine Interessen vertrat und in dessen letzten Lebensjahren bereits für seinen Vater bei den Behörden erschien.

Ein Übergabe-Kontrakt liegt zwar nicht vor, wohl aber der vom Königlich Hannoverschen Amt in Rotenburg am 29. Mai 1839 ausgestelte Meierbrief für die neuen Besitzer der „Herrschaftlichen Neubauerstelle im Dorfe Reinsehlen Kirchspiel Schneverdingen“ (wie die meisten Höfe im Kirchspiel war die Neubauerstelle nicht einem Gutsherrn oder der Kirche, sondern der Königl. Kammer in Hannover gutspflichtig). Die im Meierbrief verzeichneten „Meiergründe“ waren mit 11 Morgen 62 Quadratruten Garten- und Ackerland sowie 3 Morgen Wiesen, bebaut mit einem Wohnhaus, Schafstall, Heidschauer und Backhaus, noch bescheiden. Dementsprechend niedrig war die Weinkaufsumme von 2 Rtlr. 7 Gr. und 10 Pfg. als „Hemd- und Stifelthaler“ vom Untervogt Parpard quittiert wurde.

Johann Joachim hatte im gleichen Jahr Sophie Dorothea Tödter aus Inzmühlen geheiratet. In einem „Actum der Amtsvogtei Garlstorf vom 6. März 1839“ wird becheinigt, daß eine vom Anbauer Georg Heinr. Tödter seiner seiner einzigen Schwester Sophie Dorothee in Aussicht gestellte Abfindung von „einer Kuh und einem Sack Rocken zu vier Himpten, 1 Bett, Kleiderschrank und Koffer“ aus der Stelle in Inzmühlen wohl erfolgen könne und daß die Braut ihrem Bräutigam 40 Rtlr. selbsterworbenes Vermögen zubringe. Ein Konzept einer Ehestiftung vom 3. April 1846, errichtet durch den Amtsvogt Griffel in Schneverdingen, liegt ebenfalls im Familienarchiv vor. Als Bräutigam ist darin benannt: Der Junggeselle Gerhard Hinrich Riebesell zu Reinsehlen, zweiter bereits volljähriger Sohn des Altenteilers Hans-Jochen Riebesell und der Marg. Ilse geb. Meyer, als Braut, die Jungfer Ilse Heins zu Insel, zweite bereits vollj. Tochter des Häuslings Hans Peter Heins u. der Margarete geb. Versemann, als Ablober des Bräutigams dessen Bruden, der herrschaftl. Neubauer Johann Joachim Riebesell. Der Letztere verspricht seinem Bruder eine Abfindung von 4 Pistolen in Geld (= 20 Rtlr.) 1 Kuh nächst der besten und 1 Rund von 2 Jahren. Die Braut bringt 30 Rtlr. selbsterworbenes Eigenvermögen und als Abfindung ihres Vaters 1 Rind in die Ehe.

Gerhard Hinrich Riebesell hat sich dann mit seiner Frau in Reinsehlen auf „Häußelei“ niedergelassen, worin die dortigen Interessenten nach einem vorgelegten Wohnschein willigten. Später gründete er die gutsherrnfreie Anbauerstelle Haus Nr. 7 in Reinsehlen (Voßbarg).

Aus dieser Zeit stammt auch eine noch vorhandene „Resolution für den Anbauern Joh. Jochen Riebesehl, ausgestellt von de Königl. Direction der directen Steuern in Verden vom 19. Oktober 1846“, wonach nach angemeldeten Neukultivierungen nunmehr 47 Morgen und 25 Quadratruten Kulturfläche bei der Stelle Reinsehlen 3 vorhanden sind. Zwölf Jahre nach dem siegreich beendeten Prozeß wegen der Schafpfändung jenseits der Wümme, aber noch einige Jahre vor der Aufteilung des Wintermoores und der Osterheide, wurde dem Barrl-Neubauern von den Ehrhorner Bauern Chr. Lührs, Chr. Witthöft, Hans Chr. Wiechern und Chr. Rieckmann durch Pfändung seiner ganzen Schafherde erneut der Krieg erklärt.

Riebesell, der aufgrund seiner mehrfachen Prozeßerfahrung den Wert eines guten Anwalts zu schätzen wußte, ließ durch den Soltauer Bürgermeister Dr. Weinlig sofort schweres Geschütz auffahren. Er erreichte innerhalb weniger Taga am 19. Oktober 1847 in der „Colonie Wintermoor“ einen Ortstermin mit zwei Beamten des Amts Winsen/Luhe. Dort erklärten die vorgeladenen Ehrhorner u.a.: „sie räumen ein, daß sie am 13. d. Mts. die ganze Schafherde des Klägers auf der Weide östlich der Harburger Chaussee unweit der Wiese des Anbauers und Krügers Blancke zu Wintermoor gepfändet und nach Ehrhorn getrieben hätten. Zwar seien sie überzeugt, daß sie befugt seien, der Ausübung des Weiderechts an den fraglichen Stellen zu widersprechen. Sie seien sich nachher aber darüber zweifelhaft geworden, ob sie statt der ganzen Herde von 7 bis 8 Stiegen (ca. 150 Stück) nicht besser nur 1 oder 2 Schafe hätten pfänden sollen. Deswegen hätten sie am gestrigen Tage (18. Oktober) sämtliche gepfändete Schafe in das Haus des Klägers zurückgebracht, wo die Schafe auch angenommen wären. Wenn damit der eigentliche Klagegrund schon behoben sei, so seien sie bereit, dem Kläger die entstandenen Kosten vorbehaltlich zu erstatten.“ Hierzu wurden sie dann auch am 20. Januar 1848 vom Königl. Amt Winsen/L. verdonnert.

Der zweite Barrl-Neubauer Joh. Joachim muß ein intelligenter und besonders tüchtiger Bauer sowie ein angesehenes Gemeinemitglied gewesen sein. Sehr viel Schriftgut im Familienarchiv gibt Zeugnis davon. Er war Kirchenvorsteher in der ev.-luth. Kirchengemeinde. Eine im südöstlichen Teil der Kirche angebrachte Gedenktafel zur Erinnerung an den umfangreichen Umbau der Kirche trägt auch seinen Namen.

Während der kurzen Zeit eines eigenen Schneverdinger Amtsgerichts wurde er 1856 auch als Schöffe bei der Aburteilung von Straffällen ausgelost.

Ganz besondere Verdienste erwarb sich Riebesell bei der Gründung einer neuen Schulgemeinde für die beiden Wintermoor und Barrl. Nach einem vorliegenden Schreiben des Königl. Konsistoriums in Stade vom 4. Januar 1849 sind der Gastwirt und Vollhöfner H. J. Riebesell zu Barrl und der Neubauer J. J. Riebesell daselbst deswegen bei der Landdrostei Stade vorstellig geworden.

Die Bemühungen hatten Erfolg. Es kam zum Bau einer neuen Schule mitten auf der Heide an einem zentral gelegenen Punkt der weit auseinanderliegenden Ortschaften. Bei der Aufteilung des Wintermoores waren ja schon vorsorglich 40 Morgen für die neue Schule abgezweigt worden. Beim Bau der Schule hatte sich J. J. Riebesell als Schulvorsteher nach den noch vorliegenden Unterlagen praktisch um alles zu kümmern. Zusammen mit Wilhelm Vorwerk und Hans P. Weseloh war er am 23. Oktober 1850 als Schulvorsteher eingeführt worden. Von der Schulgemeinde wurden erhebliche Eigenleistungen für den Schulbau erbracht. Felsen für den Brunnen und den Schulgrund, Dachstroh für das Dach sowie Arbeitsleistungen für neue Wege und Gräben hatte der Schulvorsteher einzuteilen und zu überwachen.

Nach Fertigstellung der Schule wurde ein bisher zurückgestelltes Problem sofort in Angeriff genommen, die Ablösung des bisherigen Wintermoor-Geversdorfer Lehrers Könemann durch einen jüngeren kräftigen Kollegen, der imstande war, mit dem Stock die erforderliche Disziplin unter den verwahrlosten Wintermoorer Rangen wiederherzustellen und auch die 40 Morgen Heide urbar zu machen, die der Schule zugeteilt waren. In einem umfangreichen Gesuch an das Konstitorium zu Stade wird geschildert, daß der sonst achtbare ältere Lehrer Könemann wegen seiner sehr starken Kurzsichtigkeit unmöglich imstande sei, unter der Jugend, die ihm auf der Nase tanzte, Ordnung zu halten. Schon gar nicht könne er durch Urbarmachung der Schulflächen zur Aufbesserung seiner bescheidenen Einkünfte beitragen. Die Wintermoorer fanden denn auch Lehrer, die solchen Anforderungen auf ihre Weise gerecht wurden. Ältere Einwohner des Kirchspiels werden sich mit Schmunzeln daran erinnern, daß noch in unserem Jahrhundert tüchtige Wintermoorer Lehrer als gute Landwirte die dortige Schuljugend in einem Ausmaß zum Mistladen und Heuernten heranzogen, wie es im Kirchspiel einmalig war. Sicher hat dies im Sinne ihrer Väter und Großväter gelegen.

Erwähnenswert aus der Hofbewirtschaftung des vielbeschäftigten Kirchen- und Schulvorstehers ist ein größerer Hagelschaden im Sommer 1864, dem ein Teil der Ernte zum Opfer fiel. Die Hagelversicherung zahlte nur 13 Rtlr. und 16 Gr., aber die Einwohner in Wesseloh und Umgebung zeichneten gelegentlich einer Haussammlung für auswärtige Kirchenbauten auch 1 Rtlr. 22 Gr. sowie 3 Himpten und 3 Spint Roggen und 1 Hpt. 2 Spint Buchweizen für den Hagelgeschädigten.

Aus einem Interimsschein des Hannoverschen Amts Soltau vom 2. November 1862 geht hervor, daß um diese Zeit auch bereits ein Nebengebäude (Häuslingshaus) und ein Kellergebäude vorhanden waren. Der Versicherungswert aller Gebäude wurde mit 1000 Rtlr. angegeben.

Die Hofakten geben auch Auskunft über Grundstücksverkäufe und Verkäufe der Neubauern. Urkunden liegen vor: 1. vom 14. November 1844 über den Austausch von Heideflächen zwischen dem Vollhöfner Conrad Tödter, Reinsehlen, und dem Neubauer J. J. Riebesell daselbst. Die Grenzen sind beschreiben, Größenangaben fehlen. 2. Eine Genehmigung ges Königl. hann. Amts Schneverdingen vom 26. April 1858 zum Verkauf von 24 Morgen Heide des Vollh. Heinr. Joachim Tödter zu Reinsehlen an den Neubauer J. J. Riebesell zu Reinsehlen. Die Vertragsurkunde über diese Fläche zum Preise von 106 Rtlr. ist am 28. März 1857 vor dem Schneverdingen Amtsgericht errichtet. 3. Kauf-Contract zwischen dem Neubauer J. J. Riebesell zu Reinsehlen und dem Vollhöfner Peter Christ. Inselmann zu Höpen vom 10. März 1859, errichtet vor dem Amtsgericht Schneverdingen. Darin verkauft Riebesell dem Höpen-Bauern eine Heidefläche von ca. 40 Morgen, die R. aus der Aufteilung der Osterheide erhalten hat, zum Preise von 11 Rtlr. pro Morgen. Am gleichen Tage kaufte R. vom Vollhöfner Tödter 30 Morgen Moorgrund im Wintermoor für 360 Rtlr. 4. Genehmigungsurkunde des Königl. Preußischen Amts Soltau vom 11. Januar 1868 für den Neub. Joh. Hinrich Riebesell, Reinsehlen 3, der dem Häusling Joh. Klaus Brockmann in Barrl zur Errichtung einer Abbauerstelle eine Heide- und Moorfläche von 30 Morgen verkauft hat, mit der Bestimmung, daß die fragliche Abbauerstelle zur Bauernschaft Insel, dagegen aber zur Schulgemeinde Wintermoor gehören soll.

Wohl im Zusammenhang mit Grundstückskäufen und Bauten nahm der Neubauer auch Schulden auf. Hauptgeldgeber war zuerst der Häusling Christ. Inselmann in Reinsehlen. So mit 150 Rtlr. am 29. März 1843 und mit je 50 rtlr. in den Jahren 1856 und 1857. Später half dann die 1868 gegründete Schneverdinger Sparkasse aus, nachdem 1864 noch der Schneverdinger Bürger Dirdr. Voß 100 Rtlr. vorgestreckt hatte. Selbst borgte Riebesell 1844 dem Bauern Tödter in Reinsehlen 91 Rtlr. und 1858 dem Lehrer Joh. Christ. Ahlborn in Wintermoor 35 Rtlr.

Der erste Barrl-Neubauer war auch Vormund für die minderjährigen Kinder seines Bruders Otto, der 1793 eine Tochter des Vollhöners Peter Jungemann in Bockheber geheiratet hatte und dann bis zu seinem Ableben Interimswirt auf diesem großen Heidehof wurde, in den später ein Dehning aus Hillern einheiratete. Es würde zu weit führen, auf die noch vorhandenen Inventarverzeichnisse und Vormundschaftsabrechnungen sowie auf die Erbverhältnisse des Bockheberer Hofes, der seit mehr als 60 Jahren Eigentum des Vereins Naturschutzpark ist, einzugehen.

Die Ablösung des Schmalzehnten erfolgte gemeinsam für den Vollh. Conrad Tödter und den Neubauer Johann Jochen Riebesell bereits im Jahre 1840. Über die Ablösung dieses Schmalzehnten von den aufgezogenen Jungtieren liegt ein „Ablösungs-Receß vom 20. November 1840, „unterschrieben vom Neubauern und mit 3 Kreuzen des Vollhöfners sowie von dem bevollmächtigten Amtmann Wehber in Rotenburg“, vor. Er trägt auch die Bestätigung der Königl. Ablösungs-Commißion mit Siegel sowie Quittung des Amtsvogts Griffel in Schneverdingen über die Gebühr von 2 Rtlr. und 10 gute Groschen. Der Ablösungsbetrag beträgt 75 Rtlr. Der Betrag ist im Wege „gütlicher Übereinkunft“ durch Zugrundelegung einer Jahresrente von 3 Rtlr., vervielfältigt mit dem Ablösungsfaktor 25, ermittelt. Man muß wohl annehmen, daß die Jungtierbestände des Vollhöfners und des Neubauern ungefähr gleich hoch waren.

Die Ablösung des Meierverbandes zwischen der Riebesellschen Neubauerstelle Nr. 3 zu Reinsehlen und dem „Königl. Finanz-Ministerio, Abt. für Domainen und Forsten zu Hannover“ erfolgte lt. vorhandenem Ablösungs-Rezeß vom 29. Dezember 1859, bestätigt von der Königl. hann. Ablösungs-Commission für den Bezirk Schneverdingen, Assessor Stuckenschmidt (genannt Schinkenschmidt), am 20. Januar 1860. Der Ablösungsbetrag von 71 Rtlr. 20 Gr. und 8 Pfg. für die Meier- und Dienstabgabe, die Weinkaufspflicht, das Bräutigamsheisterpflanzen, Stammgeld bei Hauung von Hartholz, Hemden- und Stiefeltaler sowie Heimfallsrecht ist am 20. Juli 1860 von der Amtskasse in Fallingbostel quittiert. Der Ablösung vorangegangen war die Zustellung eines Fragebogens vom Amtsvogt Griffel an den Neubauer. Nicht weniger als 25 Fragen wurden gestellt. Wegen der Stammgebühren wird die Zahl der Eichen- und Buchenstämme erfragt. Wegen des Heimfallsrecht das Steuer-Capital der zum Hof gehörenden Grundstücke, die Quote des Hofes an den ungeteilten Gemeinheiten, Beträge der jährlichen Grundsteuer und der Gemeinde-Weidesteuer, die Höhe des Korn- und Schmalzehnten, die Parochial-Lasten für den Prediger und den Küster, die Beiträge zum Bauernvogtsgehalt, für Nachtwächterlohn usw.

Joh. Joachim Riebesell hatte nur ein Alter von 56 jahren erreicht, als er 1866 nach seinem ereignisreichen und erfüllten Leben heimgerufen wurde. Der Anerbe Joh. Heinrich (1840 bis 1917) war schon volljährig, hatte den Hof aber noch nicht übernommen. Von seinen 8 Geschwistern waren 2 tot geboren und 2 sehr früh verstorben. Für die Schwestern Anna Catharina, Hanna-Sophie und Marie Christine Dorothee sowie für den Bruder Joh. Joachim wurden der Pflugkötner Heinr. Riebesell in Hansahlen und der Neubauer Georg Wilh. Tödter zu Inzmühlen als Vormünder bestellt. In einem „Stellübergabe- und Altenteils-Contract“, errichtet am 23. Oktober 1866 auf einem Schneverdinger Sprechtag des Soltauer Amtsgerichts, übergaben die Vormünder den Hof unverzüglich dem Hoferben Joh. Heinrich unter der Bedingung, seine vier noch lebenden Geschwister wie folgt abzufinden: „1. An baarem Gelde je 100 Rtlr., wovon am Brautmorgen die Hälfte und der Rest in den nächstfolgenden 5 Jahren in gleichmäßigen Termine von 10 Rtlr. zu entrichten sind. 2. Ein Bett und Ehrenkleid sowie ein gewöhnliches Kistenpfand nach Ortsgebrauch am Brautmorgen. 3. Eine Kuh nächst der Besten am Brautmorgen. 4. Einen Sack oder 4 Himpten Rocken im Jahre der Verheiratung. 5. Ein Rind, 3 Jahre nach der Verheiratung.“ Zusätzliche Verpflichtungen wie: Aufnahme, Hege und Pflege der Geschwister in kranken Tagen, die jüngste noch nicht konfirmierte Schwester aus der Schule zu bringen sowie ausführlich beschriebene Altenteilsrechte der Mutter, die den Vertrag (mit 3 Kreuzen) auch mitunterschrieb, folgen.

Wenige Jahre nach der Hofübernahme heiratete Joh. Heinrich R. Marie Margarete Ilse Röhrs aus Reinsehlen. In den Jahren 1870 bis 1890 schenkte sie ihm 5 Söhne und 4 Töchter, wovon ein Sohn in seinem 1. Lebensjahr starb. Anerbe war der am 22. April 1870 geborene Johann Heinrich Wilhelm.

Sicher ging es im Leben des nunmehrigen Bauern etwas geruhsamer zu als bei seinem Vater, der sich sehr aktiv um die Erhaltung und Mehrung des Hofes bemühte und als Kirchen- und Schulvorsteher auch im öffentlichen Leben seinen Mann stehen mußte.

Es wurde ihm aber schon im Jahre 1867 eine Vormundschaft für die minderjährigen Kinder des verstorbenen Anbauers Gerhard Hinrich Riebesell zu Reinsehlen Nr. 7 übertragen. Umfangreiche Unterlagen darüber befinden sich im Familienarchiv.

Zur Vergrößerung der Hofstelle kaufte er lt. Vertrag vom 12. September 1878 von dem Halbhöfner Leopold Hellmann in Wilsede zum Preise von 900 Mark an der Erhorner Grenze eine Wiese von 1 ha 65 ar und 24 qm und lt. Vertrag vom 21. November 1892 vom Barrlhof 5 ha 39 ar und 12 qm für die Kaufsumme von 1645,60 Mark (pro Morgen 80 Mark).

Wie früher sein Vater, wurde er auch für längere Jahre zum Kirchenvorsteher der ev.-luth. Kirchengemeinde berufen. Der Verfasser kann sich noch daran erinnern, daß noch nach dem Ersten Weltkriege gut besuchte Missionsstunden auf dem Neubauernhof stattfanden.

Der Bau der Heidebahn um die Jahrhundertwende war für den Hof nicht nur erfreulich, weil in Hofnähe eine Heidekoppel durchschnitten wurde, wodurch Umwege für die Schafherde und für die Plaggenabfuhr erforderlich wurden. Als dann später in geringer Entfernung eine Haltestelle eingerichtet wurde, mag das die späteren Generationen versöhnt haben.

Der Anerbe aus der nächsten Generation, Joh. Heinr. Wilh. (1870 bis 1939), heiratete Anna Marie Inselmann aus Zahrensen (1872 bis 1935). In den Jahren 1891 bis 1913 wurden den Eheleuten acht Töchter und drei Söhne geboren. Zwei Töchter und ein Sohn starben in ihrem ersten bzw. zweiten Lebensjahr, während der 1911 geborene Hoferbe Joh. Otto im Zweiten Weltkrieg vermißt blieb. Der am 5. August 1913 geborene jüngste Sohn Ernst August trat nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft an dessen Stelle.

Den größten Einschnitt in der Geschichte des zeitweilig über 400 Morgen großen Hofes brachte die Anlegung des Flugplatzes Reinsehlen vor dem Zweiten Weltkriege. Die deutsche Wehrmacht, die in der Umgebung von Schneverdingen das größte Munitionslager des „Großdeutschen Reiches“ mit mehr als 700 Baracken angelegt hatte, errichtete hier in wenigen Jahren einen Zwischenlandeplatz für die Luftwaffe. Rund 150 Morgen Acker- und Heideflächen in Hofnähe wurden der Neubauerstelle für die Platzanlegung enteignet. Nur der Hofwald trennte die Hofgebäude von den rasch aufgebauten Wehrmachtsbaracken.

Zwar blieb der Flugbetrieb bis auf die letzte Kriegsjahre gering, aber die Luftwaffe nutzte das Gelände als Ausbildungslager für ihre Rekruten von Anfang an sehr intensiv.

Die Bewohner des bisher so einsam und ruhig gelegenen Heidehofes mußten sich mit der lauten Nachbarschaft abfinden. Als zum Kriegsende die Engländer einzogen und die Hofgebäude für sich beanspruchten, mußte der Hof für längere Zeit geräumt werden.

In das Barackenlager wurden nun in großer Zahl Kriegsvertriebene – vorwiegen aus Schlesien – eingewiesen, die zum Teil versuchten, hier in bescheidenem Umfang Existenzen wieder aufzubauen, bis sie nach längeren Jahren umgesiedelt wurden.

Länger blieb in unmittelbarer Nachbarschaft in den vorhandenen Baracken das Krankenhaus Reinsehlen, bis es nach Fertigstellung des neuen Krankenhauses in Soltau augelöst werden konnte.

Sehr schwierig war in der Kriegs- und Nachkriegszeit die Bewirtschaftung des stark verkleinerten, aber noch über 200 Morgen großen Hofes. Dabei hat sich über Jahre hinweg während der Abwesneheit ihrer Brüder die 1908 geborene jüngste Tochter Martha, die später den Imker Johs. Inselmann vom Höpenhof heiratete, sehr verdient gemacht.

Am 2. Dezember 1949 heiratete der nunmehrige Hoferbe Ernst August Henni Fiehn aus Schmarsau, Kreis Lüchow-Dannenberg (1920 bis 1982). In dieser Ehe wurden am 16. September 1950 die Tochter Dorothea (jetzt verheiratet mit Heinz Gellersen in Wintermoor/Ch.) und am 31. Juli 1953 der Sohn Ernst August geboren.

Barrl 13, Januar 2017
Barrl 13, Januar 2017

Obenstehender Text stammt aus der Sonntagsbeilage der Böhme-Zeitung. Fotos stammen vom Archiv, außer die schwarz-weiße Aufnahme vom Haus (ebenfalls BZ).

Riebesell in Barrl musste 1938 35 Hektar Land für die Luftwaffe und deren Flugplatz Reinsehlen abtreten.

1841 und 1842 verkaufte Hans Jochen Riebesell die Fuhlenbecks-Wiese. Eine Neubauerstelle wurde hier aber scheinbar nicht eingerichtet.

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